Es ist eine Funktion, die in sozialen Medien sofort Sinn zu ergeben scheint, aber gigantisches Missbrauchs-Potenzial birgt: Jahrelang ermöglichte Facebook, automatisch das eigene Gesicht erkennen zu lassen, wenn es auf Fotos zu sehen war, die in dem Netzwerk hochgeladen werden. Im Herbst stellte man die Funktion ein. Offenbar zu spät: Die Staatsanwaltschaft von Texas will den Konzern vor Gericht bringen und fordert empfindliche Strafen.
Die Klage gegen Facebooks Mutterkonzern Meta wurde am Montag vom texanischen Oberstaatsanwalt Ken Paxton vor dem Staatsgericht in Marshall eingereicht, berichtet das "Wall Street Journal". Das Unternehmen habe seit mindestens 2010 seine Gesichtserkennungs-Technologie auch in Texas eingesetzt, so der Vorwurf. Das Problem dabei: Das ist in dem US-Bundesstaat bereits seit über 20 Jahren nur noch innerhalb sehr enger Grenzen erlaubt.
Es geht um "Hunderte Milliarden"
Die Vorwürfe wiegen entsprechend schwer. Der Konzern habe "Dutzende Millionen Verstöße" gegen geltendes texanisches Recht begangen, erklärte Paxton in einem Statement. "Facebook hat heimlich die persönlichsten Informationen der Texaner - Fotos und Videos - gesammelt, um den eigenen Firmengewinn zu steigern", so der Staatsanwalt. "Texas hat genau solches Datensammeln ohne die ausdrückliche Zustimmung aber bereits vor über 20 Jahren verboten." Der Konzern habe das geltende Recht des Bundesstaates jahrelang eiskalt ignoriert.
Für Facebook könnte das sehr teuer werden. Sollten tatsächlich sämtliche einzelnen Verstöße geahndet werden, drohten Zivilstrafen von mehreren Hundert Milliarden Dollar. Tatsächlich soll die Klage laut eines Insiders genau solche Summen als Strafe anstreben, so das "Journal". Zum Vergleich: Der gesamte Meta-Konzern ist an der Börse aktuell etwa 600 Milliarden Dollar wert.
Meta sieht sich im Recht
Facebook will sich entsprechend gegen die Klage wehren. Der Vorwurf "entbehre jede Grundlage", erklärte Meta in einem Statement. Man werde sich "mit aller Kraft dagegen verteidigen". Dem Konzern zufolge sei die Gesichtserkennung bis zur Abschaltung stets nur mit Genehmigung der Nutzer erfolgt. Darauf, dass zur Erkennung der zustimmenden Personen natürlich auch Gesichter unbeteiligter geprüft werden müssten, ging der Konzern nicht ein.
Tatsächlich ist es nicht die erste Klage gegen die Gesichtserkennung, mit der Facebook sich herumschlagen muss. Schon 2015 versuchte der Bundesstaat Illinois, ein ähnliches Verbot gegen den Konzern durchzusetzen. Facebook argumentierte damals, das entsprechende Gesetz umfasse nicht die von dem Konzern genutzte Methode zur Erfassung der Daten. Das Gericht lehnte den Antrag auf Einstellung des Verfahrens allerdings ab. Am Ende einigte sich der Konzern mit dem Bundesstaat gegen eine Zahlung von 650 Millionen Dollar.

Dabei ist aber zu bedenken, dass der Konzern damals noch erheblich weniger Geld einnahm als heute. Im gesamten Jahr 2015 hatte Facebook Einnahmen von knapp 5 Milliarden Dollar vorzuweisen, die Strafzahlung lag also bei knapp 13 Prozent der Jahreseinnahmen. Sollte Texas sich auf einen ähnlichen Deal einlassen, müsste man angesichts Metas Jahreseinnahmen von 32 Milliarden Dollar 2021 also bereits 4,68 Milliarden Dollar für die Einigung einplanen.
Ob das passiert, ist allerdings fraglich. Der wichtigste Unterschied der Verfahren liegt in den Klägern. Während in Illinois eine Sammelklage betroffener Nutzer eingereicht wurde, dürfte eine außergerichtliche Einigung mit dem Oberstaatsanwalt schwerer zu erreichen sein.
Schon beim Streit darum, welche Daten nun für das Verfahren gespeichert werden, zeigt sich, wie uneins die beiden Klageparteien sind. Nachdem die Gesichtserkennungs-Funktion abgeschaltet wurde, hatten die texanischen Behörden Meta aufgefordert, keine Daten zur Nutzung der Technologie zu löschen. Der Konzern habe daraufhin versprochen, den Programmcode sowie die Metadaten aufzuheben, die zeigten, welche Texaner die Funktion genutzt und eine Gesichtsmaske zur Erkennung erstellt hatten.
Über die Masken selbst gibt es aber bereits Streit, so das Journal. Während die Staatsanwaltschaft sie als Beweismittel sieht und behalten will, schätzt Meta das anders ein. Und will sie am liebsten löschen.
Quellen: Wall Street Journal, Facebook