Wenn man im Urlaub in einem schicken Hotel absteigt, muss man sich um viele Dinge nicht selbst kümmern. Der Zimmerservice übernimmt lästige Aufgaben wie die Wäsche und bringt das Frühstück ans Bett. In Zukunft soll man sogar noch weniger tun - und selbst Licht, Musik und den Fernseher per Zuruf steuern. Aber wer setzt sich auf dem aktuell hart umkämpften Markt durch: Apples Siri oder Amazons Assistentin Alexa?
In den USA testen gerade eine ganze Reihe von Luxushotels, welcher der beiden Sprachassistenten am besten für den Einsatz in ihren schicken Suiten geeignet ist, berichtet "Bloomberg". Bei der Marriott-Gruppe, der größten Hotel-Gruppe der Welt, treten die beiden ganz konkret gegeneinander an. In ihrem Aloft-Hotel in Boston sollen Apple- und Amazon-Geräte beweisen, dass sie Lichter, Raumtemperatur und die Sonnenblenden im Griff haben oder zuverlässig den TV-Sender wechseln. Alles per Sprache, versteht sich.
"Siri, ich brauche neue Handtücher"
Hotels sind das perfekte Testfeld für die sprachgesteuerten Gadgets. Die Hersteller profitieren von der kostenlosen Werbung, die Hotelbetreiber können den Kunden ohne viele Kosten oder Aufwand den Aufenthalt bequemer gestalten. Und im Zweifel noch das Personal an der Rezeption entlasten.
Denn die smarten Geräte eignen sich auch als Ersatz für den Anruf bei der Rezeption. In einem Waldorf Astoria in Beverly Hills sollen ab Juni alle Zimmer von den Gästen per iPad gesteuert werden, die Gäste müssen allerdings den Touch Screen nutzen. Ein Marriot-Ressort in Texas setzt lieber auf Sprache und hat ausgewählte Zimmer mit Amazon Echo ausgestattet, um das Licht zu steuern, aber auch das Frühstück oder neue Seife zu ordern. Zehn Echos sind bereits installiert, weitere Hundert sollen schon im April folgen.
Nach Angaben von Marriott-Manager Toni Stoeckl suche man aktuell "nach der idealen Lösung für eine weltweite Umsetzung", Die 130 Aloft-Hotel in den USA werden ihm zufolge häufig als Testfeld genutzt, um zu prüfen, welche Lösungen funktionieren und sie dann in alle anderen Marriott-Hotels zu bringen. Produkte von Google und anderen hat die Kette aktuell aber nicht auf dem Plan, man beschränkt sich auf Apple und Amazon. "Diese beiden sind aktuell die einzigen ernstzunehmenden Spieler in diesem Feld." In Zukunft sollen die Geräte immer mehr klassische Rezeptions-Arbeiten übernehmen.
Wie viel Einarbeitung ist nötig?
Analystin Carolina Milanesi vergleicht den Schritt gegenüber "Bloomberg" mit der Einführung von iPhone- oder iPod-Docks, mit denen Gäste im Hotel eigene Musik über die Anlage hören konnten. Sie sieht eine Kernfrage als entscheidend an: Können die Kunden den eigenen Account benutzen, um sich einzuloggen, oder bleibt ihnen nur ein allgemeiner Hotel-Account? Ersteres sorgt für ein familiäreres Gefühl im Hotelzimmer, letzteres ist aber für mehr Menschen geeignet. "Es wird spannend zu sehen, wie viel Einarbeitung für die Kunden nötig sein wird. Es handelt sich schließlich nicht um Massen-Technologie", so Milanesi.
Manche Hotels gehen das Ganze deswegen etwas langsamer an: Das Wynn-Ressort in Las Vegas will zwar bis zum Sommer alle 4748 Zimmer mit Amazons Echo ausstatten. Den Zimmerservice können die Gäste damit aber nicht rufen. Alexa dient aktuell ausschließlich zur Musik-Beschallung und kann dafür zahlreiche Radiosender abrufen. Nächstes geplantes Feature: Ein vom Hotel-Chef Steve Wynn persönlich bestückter Radiosender. Außerdem wolle man ein Audio-Gastverzeichnis einpflegen, sagte das Unternehmen "Bloomberg".
Das Interesse zieht an
Auch Firmen, die sich mit Heimautomatisierung beschäftigen, bemerken das anziehende Interesse des Hotel-Gewerbes. John Clancy, Vize-Chef des Heimausstatters Creston Electronics, sagte gegenüber "Bloomberg": "Man fängt an, immer mehr Heimautomatisierung in diesem Bereich zu sehen. Zuerst hatte man dort große Angst, ob es funktionieren würde und was die Kunden wirklich davon erwarten." Aktuell macht das Unternehmen noch nur etwa 5-10 Prozent seiner 1,5 Milliarden Dollar Umsatz mit Hotel-Ausstattungen.
Bei Marriott ist man zuversichtlich, den Kunden bald eine Lösung präsentieren zu können: "Noch im ersten Halbjahr werden wir genügend Informationen gesammelt haben, um zu wissen, wohin es gehen wird", so Stoeckl. Dann wird die Entscheidung fallen, ob man in der größten Hotel-Kette der Welt künftig Siri oder Alexa um frische Handtücher bittet. Oder wieder ganz klassisch zum Telefon greifen muss.
