Im November 2015 fand man den 47-jährigen Victor Collins tot in der Wanne von James Bates in der US-Kleinstadt Bentonvilla. Bates hatte nach eigenen Aussagen seinen Freund dort entdeckt und die Polizei gerufen. Spuren an der Leiche und Blut neben dem Pool deuten auf ein Gewaltverbrechen hin. Die Polizei ermittelt, Bates wird zum Hauptverdächtigen. Und eine noch relativ junge Technik könnte ihn überführen: Der intelligente Lautsprecher Echo von Amazon. Dieser stand in der Nähe der Badewanne und könnte den mutmaßlichen Tathergangs aufgezeichnet haben. Einen Täter durch einen Sprachdienst zu überführen - das wäre bislang einmalig.
Doch Amazon wehrt sich gegen die Herausgabe der Daten, die von den Behörden verlangt wird. Die Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat Georgia hat einen Durchsuchungsbefehl für den Amazon Echo erwirkt. Amazon will davon nichts wissen und hat einen Antrag auf Aufhebung des Beschlusses eingereicht. Das Unternehmen verschanzt sich hinter dem ersten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung. Demnach sind private Gespräche besonders geschützt. "Das Herzstück des ersten Zusatzartikels ist Schutz vor Durchsuchung von meinungsstarken Aussagen oder Materialen", so Amazons Anwälte in einem Schreiben. Der Echo könnte beispielsweise private Informationen über den Gesundheitszustand oder die politische Einstellung enthüllen. Davor seien die User zu schützen.
Amazon führt über Alexa Privatgespräche mit Usern
Eine eigenwillige Interpretation des amerikanisches Rechts, findet Jason Schulz, Jurist an der New York University. "Das ist eine interessante Argumentation, die sicherlich neu ist. Niemand hat bisher so vor einem Gericht argumentiert. Aber es gibt definitiv Fälle, die logische Vorläufer für diese Erweiterung des ersten Zusatzartikels sind", so Schultz zu "Wired". Amazon ziele darauf, dass das Unternehmen über den Echo ein privates "Gespräch" mit dem User halte. " Ich habe durch Alexa ein Gespräch mit Amazon. Und der erste Zusatzartikel hat ein Interesse daran, dass Unterhaltungen privat und vor neugierigen Augen geschützt sind. Amazon sagt aber nicht nur, dass es sich hier um einen Fall von Redefreiheit handelt, sondern auch um Privatsphäre", so Schultz weiter in dem Interview.
Toni Massaro, Jura-Professor an der Universität von Arizona, sagt, dass die Argumentation von Amazon plausibel sei. "Amazon hat auch das Recht der freien Rede. Und wenn Alexa als Amazon angesehen werden kann, dann handelt es sich um einen zu schützenden Sprecher, so Massaro zum US-Magazin "Forbes".
Smarte Haushaltsgeräte als Zeugen
Ein verzwickter Fall für die US-Justiz. Amazon hat klar gemacht, dass sie die Daten nicht ohne weiteres rausrücken. Dafür müsste nachgewiesen werden, dass die Beamten die Informationen nicht auf anderem Wege beschaffen könnten und die Alexa-Daten für die Ermittlungen dringend notwendig seien. Klar ist aber, dass die smarten Geräte im Haushalt nicht nur die Diskussion über Datensicherheit, sondern auch über Datenschutz und die Herausgabe der gesammelten Informationen neu entfacht. Ein anderer Hersteller zeigte sich in dem Mordfall weniger zimperlich als Amazon. Der Wasserzähler hatte nämlich Informationen geliefert, dass nachts rund 530 Liter Wasser verbraucht wurden. Die Leiche wurde im Whirlpool gefunden - die Ermittler gehen davon aus, dass durch die Wassermassen Spuren verschwinden sollten.
