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WWDC Apple bringt eine Flut an Neuerungen – aber die Revolution muss warten

Apple-Chef Tim Cook neben den neuen Modellen des Macbook Air bei der WWDC
Apple-Chef Tim Cook neben den neuen Modellen des Macbook Air. Auf der Bühne der WWDC-Keynote hatte sich Cook vornehm zurückgehalten.
© Justin Sullivan / AFP
Bei seiner Eröffnungs-Keynote der WWDC hat Apple jede Menge zu zeigen gehabt. Der große Elefant im Raum wurde aber nicht einmal angesprochen.

Es war ein Feuerwerk an Neuerungen. Von iOS 16 über das neue iPad-Betriebssystem bis zu einem komplett neu gestalten Macbook Air hatte der Konzern bei der Eröffnungs-Keynote seiner Entwicklermesse, der Worldwide Developers Conference (WWDC), fast zwei Stunden lang im atemberaubenden Tempo eine Neuheit nach der nächsten vorgestellt. Und obwohl die Neuerungen sehr gelungen und bereits im Vorfeld die Erwartungen gedämpft worden waren, dürften viele Apple-Fans am Ende enttäuscht auf den Abend schauen.

Das hat auch mit den Umständen der diesjährigen WWDC zu tun. Schließlich hatte Apple zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren wieder in die Heimat Cupertino eingeladen. Zwar findet der Großteil der Messe weiter virtuell statt, eine ausgewählte Anzahl von Entwicklern und Journalisten - auch des stern - durften die Neuheiten aber vor Ort unter die Lupe nehmen. Insofern waren sich viele Beobachter sicher: Apple wird etwas Wichtiges zu zeigen haben.

Apple stellt iOS 16 auf WWDC vor

Und tatsächlich hat der Konzern durchaus geliefert. Mit iOS 16 stellte man den wohl größten Umbau des iPhone-Betriebssystems seit langem vor. Der bislang nur zum Entsperren genutzte Lockscreen wird massiv aufgewertet. Statt nur die Zeit anzeigen zu dürfen, lassen sich dort nun frei Widgets platzieren, die live neue Informationen anzeigen und sogar interaktiv sein können. Zudem erlaubt Apple, den Lockscreen in einem bisher ungekannten Ausmaß an den eigenen Geschmack anzupassen. Ein höchst ungewöhnlicher Schritt für den Konzern. Fast nebenbei wurden auch noch die Benachrichtigungen auf dem Lockscreen überarbeitet.  Die Nachrichten-App soll mit editier- und löschbaren Nachrichten endlich mit Whatsapp und Co. mithalten.

Beim iPad fällt der Umbau sogar noch größer aus. Die Grenzen zu Apples Mac-Rechnern verschwimmen immer weiter, zum ersten Mal erlaubt Apple es etwa, beim iPad mehrere Fenster überlappend darzustellen. Der auf dem Mac neu eingeführte Stage Manager, der das Chaos durch zu viele Fenster minimieren soll, zieht auch auf dem iPad ein. Apples Tablet wird dadurch – gezielt – immer mehr zum Computer umgebaut.  

Die vielen kleinen Software-Neuheiten wie eine neue Art des Fitness-Trackings bei der Apple-Watch, verbesserte Wege, Fotos und Apps mit der Familie zu teilen oder die verbesserte Suche auf allen Apple-Geräten gingen da fast unter. Selbst Passkeys, eine Initiative, das Passwort mit biometrischen Daten wie dem Fingerabdruck ersetzen zu wollen, wurde in kürzester Zeit abgewickelt.

Hardware als Star der WWDC

Der Star des Tages war trotz des Fokus auf Software die Hardware. Zum ersten Mal seit dem Erscheinen im Jahr 2008 hat Apple den Look seines Macbook Airs neu gedacht. Das extrem dünne Notebook hatte damals im Alleingang das Design von Notebooks an sich komplett verändert und den Markt für die heute extrem verbreiteten Ultrabooks aufgemacht. Der neue Look ist trotzdem vertraut: Mit einem dünneren Bildschirm-Rand inklusive einer kleinen Kamera-Aussparung ("Notch") und einem nun überall gleich dicken Gehäuse folgt das neue Macbook Air dem Design der Macbook-Pro-Reihe, nur eben in etwas dünnerer Form.

Möglich wird das durch den neuen Chip im innern: Als erste Notebooks haben die neuen Airs – und das bis auf den Chip mit dem Vorgänger identische neue Macbook Pro – Apples ebenfalls neu vorgestellten M2-Prozessor im Herzen. Eine komplette Revolution wie der M1 ist der aber nicht. Zwar rechnet er knapp 40 Prozent schneller bei weniger Stromverbrauch. Das Erdbeben, dass der M1 auslöste, dürfte erst einmal aber noch ausbleiben. Das liegt vor allem daran, dass Apple den neuen Einsteiger-Chip immer noch langsamer rechnen lässt als die Pro-, Max- und Ultraversionen des M1. Erst wenn die im Herbst ebenfalls einen Nachfolger bekommen, dürfte die gebeutelte Konkurrenz wieder gehörig ins Schwitzen kommen.

Die Revolution kommt später

Die potenziell bahnbrechendsten Neuerungen, über die vor der Keynote spekuliert worden waren, blieben allerdings aus. Der Mac Pro – der traditionell mächtigste Apple-Rechner – wurde auch heute nicht wie von vielen erhofft auf die M-Architektur gebracht. Nachdem Apple mit der langsamen Vorstellung der immer noch schnelleren M-Chips die Konkurrenten immer weiter unter Druck gesetzt hatte, wird für den Chip des Pro noch einmal auf einen heftigen Sprung spekuliert. In der Keynote wurde sogar darauf eingegangen: Man habe nun fast alle Rechner auf die M1-Chips gebracht, hieß es dort fast nebenbei. Die bereits bei der Vorstellung des M1 Ultra im März ausgesprochene Drohung wurde also noch mal erneuert.

Da wunderte es umso mehr, dass die zweite mögliche Revolution in der Präsentation so gar keine Rolle spielte. In den letzten Wochen hatten auch noch die Gerüchte zu Apples geplanter AR-Brille immer weiter an Fahrt gewonnen.  Augmented-Reality-Funktionen und der Bausatz AR-Kit waren auf der WWDC in den letzten Jahren immer eine feste Bank. Apple-Chef Tim Cook hatte die Technologie in den letzten Jahren immer wieder als den nächsten großen Schritt der Branche bezeichnet, die in ihrer Wirkung der Veränderungsmacht des Smartphones gleichkommen und sie noch überflügeln könnte.

Ein erstes Modell der Brille, die auch Virtual-Reality-Anwendungen darstellen kann, zusätzlich aber auch die Außenwelt über Kameras ins Innere der Brille bringen soll, wurde nach Informationen verschiedener Medien vor einigen Wochen Apples Führungsspitze gezeigt. Kein Wunder also, dass viele darauf spekulierten, dass Apple AR in der Keynote eine besonders wichtige Rolle geben könnte. Auch wenn eine  konkrete Vorstellung der Brille als unwahrscheinlich galt.

Stattdessen gab es - Stille. Das Wort AR fiel kein einziges Mal. Das Schweigen spricht Bände. Die Revolution – sie kommt wohl ein andermal.

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