Flugreisen stehen unter dem Verdacht, den Klimawandel zu verschärfen. Für sie hat sich sogar ein eigener Begriff, die "Flugscham", durchgesetzt. Fliegen soll für 2,5 aller Treibhausgasemissionen verantwortlich sein, das hört sich zunächst wenig an, doch das Bild ändert sich, wenn man bedenkt, dass nur ein kleiner Teil der Weltbevölkerung regelmäßig in ein Flugzeug steigt. Und dazu hat das Reisen seinen Reiz verloren, an Bord sitzt der Passagier inzwischen wie eine Sardine. Beides hat den Designer Joe Doucet geärgert, also beschloss er, ein Flugzeug zu entwerfen, dass gänzlich anderen Prinzipien folgt, als die Jets von Airbus und Boeing.
Grundvoraussetzung war die Maxime: Keine Emissionen, der Entwurf heißt HerO. dabei wurde das O durch die Ziffer 0 ersetzt. Um ein Flugzeug nur mit Strom zu betrieben, vereinte Doucet zwei verschiedene Zeitalter: Beim Design ging er Jahrzehnte zurück, bei Technik und Materialien bediente er sich in der Gegenwart. Anstatt auf Turbinen setzt er auf klassische Propeller, angetrieben von Elektromotoren. Der Strom soll in Akkus getankt werden, und kann durch Solarzellen oder Sonnenenergie erzeugt werden. Zusätzlich sind die Flügel mit Solarpaneelen versehen.
Propeller halten das Flugzeug effizienter in der Luft als Strahltriebwerke. Doch technisch bedingt ist die Geschwindigkeit limitiert. Sie liegt etwa 20 Prozent unter der von heutigen Passagier-Jets. Doch 20 Prozent langsamer sind nicht das Ende von längeren Flügen, argumentiert Doucet. Ein sonst zweistündiger Flug würde ganze 24 Minuten länger dauern. Ein kleiner Preis für wirklich emissionsfreies Fliegen.
Mit einer Geschwindigkeit um 700 km/h wäre die Her0 fast so schnell wie ein Jet von heute. Zwei andere Konzepte für emissionsfreies Fliegen wären weit langsamer. Sowohl ein Zeppelin wie auch ein Bodenflugzeug, ein Ekranoplan, benötigen weit weniger Energie - sind dafür aber auch nur etwa halb so schnell wie ein heutiges Passagierflugzeug. (Diese Artikel stellen das Konzept der Ekranoplane vor: Russland will das größte Frachtflugzeug der Welt bauen, Orlan – Russland baut Nachfolger des kaspischen Seemonsters) "Wir durchbrechen nicht die Schallmauer, aber Effizienz ist der Schlüssel", sagt Doucet zum Portal "Fast Company". "Ich glaube, dass es eine passende Technologie gibt, wie auch den Wunsch der Reisenden, besser zu reisen. Selbst wenn der Flug etwas länger dauert."
Halbes Gleiflugzeug
Auf den ersten Blick wird Her0 wie ein normales Flugzeug, aber es gibt doch einige interessante Änderungen. Um den Auftrieb zu verbessern, sind die Flügel wesentlich breiter als bei einem herkömmlichen Jet. So bieten sie mehr Fläche für Solarpaneele. Sie sind so konstruiert, dass Her0 in einen reinen Gleitflug übergehen kann. Zur Not soll das Flugzeug auch bei einem Ausfall der Triebwerke normal landen können. Die Tragflächen setzten weit hinten an, weil Doucet das beträchtliche Gewicht der Akkus austarieren muss. Her ähnelt das Design einem Entwurf aus dem letzten Jahr. Die Flying V basiert auf dem Konzept eines Nur-Flüglers ("Flying-V" – revolutionäres Flugzeug setzt Passagiere in die Flügel)

Die nach hinten gerichteten Propeller sollen nicht die Geschwindigkeit erhöhen, wie früher etwa beim Dornier Do 335 "Ameisenbär" – dem schnellsten mit Propellern angetriebenen Jagdflugzeug des Zweiten Weltkriegs. Schiebende Propeller erhöhen die Energieeffizienz, so Doucet.
Der Entwurf ist nicht serienreif, gibt der Designer zu, er soll ein Denkanstoß für die Zukunft sein, denn die Zeit sei reif für einen Tesla der Luftfahrt. Die Menschen werden die Luftfahrtindustrie fragen, warum es keine elektrischen Pendlerflugzeuge gebe, ist sich Doucet sicher.
Quelle Fast Company
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