US-Waffenlieferung MQ-1C Gray Eagle – diese Drohne kann Putins Offensive zerschlagen

Eine MQ-1C Gray Eagle der US-Streitkräfte.
Eine MQ-1C Gray Eagle der US-Streitkräfte.
© PR
Die Gray Eagle katapultiert die Drohnenmacht Kiews in eine andere Liga – die Kampfdrohne ist ungleich gefährlicher als die türkische TB-2. Zusammen mit Raketenwerfern hoher Reichweite wird sie zur tödlichen Bedrohung für Russlands schwere Artillerie.

Nach langem Zögern liefern die USA Kiew nun Kampfdrohnen vom Typ MQ-1C Gray Eagle. Diese Entscheidung des US-Präsidenten markiert einen Gezeitenwechsel, weit mehr als die Lieferung von Bodensystemen. Drohne kann viel bedeuten – das Spektrum im Militär geht bei kleinen Kamikazedrohnen los, die kaum 10 Kilometer fliegen können. Die Gray Eagle ist dagegen eine Kampfdrohne mittlerer Reichweite. Die türkische Drohne Bayraktar TB2 galt bislang als gefährlichste und gefürchtetste Waffe im Kiewer Arsenal (Baykar Bayraktar TB2 – die gefährlichste Waffe der Ukraine stammt aus der Türkei). Die Gray Eagle ist eine TB2 auf Steroiden – sie ist deutlich kampfstärker als das türkische Modell. Sie ist schneller, ihre Nutzlast – sprich die Bewaffnung – kann doppelt so schwer sein und vor allem ist die Reichweite ungleich höher. Bei der TB2 liegt diese bei etwa 150 Kilometern, bei der Gray Eagle beträgt sie 400 Kilometer.

Reichweite entscheidet

Und das ist entscheidend. Bei der TB2 limitiert die Reichweite das Einsatzspektrum. 150 Kilometer bedeutet, dass die Drohne in der Nähe der Front gewartet, gestartet und gesteuert werden muss. Liegt der Stützpunkt 75 Kilometer hinter der Front, dann kann die TB2 nur noch 75 Kilometer hinter den russischen Linien zuschlagen. Die Gray Eagle kann weiter weg untergebracht werden und dennoch einen tiefen Raum auf russischem Gebiet abdecken.

Kein Einzelkämpfer

Als Bewaffnung kann die Drohne vier AGM-114 Hellfire Raketen oder vier Präzisionsbomben vom Typ GBU-44/B Viper Strike mitführen. Beide Systeme sind Standardbewaffnung der US-Drohnen. Sie wirken durch die Genauigkeit ihres Einschlags und nicht durch eine gewaltige Sprengwirkung. Der Gefechtskopf der Hellfire wiegt nur acht Kilogramm. Die Hauptwirkung in der Ukraine wird die Gray Eagle nicht durch die eigene – bescheidene – Bewaffnung erzielen. Ihren Export muss man im Zusammenhang mit der Lieferung von weitreichender Artillerie und Raketenwerfern sehen. Unter Führung der USA – die HIMARS-Werfer liefern – kämmen jetzt viele Nato-Staaten ihre Magazine aus und liefern Kiew ähnliche Systeme. Aus Deutschland kommt der MARS-Werfer. Je nach Munition erreichen diese Waffen Reichweiten von 60 bis 100 Kilometern. Anders als die Stalinorgeln des Zweiten Weltkriegs müssen sie kein ungenaues Flächenfeuer entfachen. Mit der entsprechenden Munition treffen diese Werfer auch Einzelziele präzise – also auf den Punkt genau.

Präzise Zieldaten weit hinter der Front

Doch müssen dazu die Ziele genauso exakt aufgeklärt werden. Werfer und Gray-Eagle-Drohnen müssen als integriertes System gesehen werden, verbunden durch ein leistungsfähiges Feuerleitsystem. Die Drohne kann Nachschubkonvois und die Stellungen schwerer Artillerie weit hinter den russischen Linien aufspüren, Zieldaten übermitteln oder Ziele beleuchten und dann den Schlag der Werfer anfordern. So kann sie eine weit größere Wirkung erzielen als mit den eigenen Bordwaffen. Mit einer Batterie HIMARS kann eine Gray Eagle 24 Panzer oder Geschütze angreifen. Und anders als die Drohne in der Luft können die Werfer am Boden nachladen. Fliegt die Drohne nun Ziel nach Ziel an, dürfte die Batterie ununterbrochen feuerbereit bleiben können.

Worst Case aus russischer Sicht wäre ein Paukenschlag, ein gewaltiger koordinierter Überraschungsangriff. Entlang der Front werden die neuen Werfer getarnt untergebracht. Um sich nicht zu verraten, greifen sie zunächst nicht in die Kämpfe ein. Die groben Positionen der russischen Artillerie werden durch Radar aufgeklärt. Dann starten die Drohnen und fliegen die ganze Frontlinie über den russischen Stellungen ab und können dabei von jedem Geschütz Zieldaten übermitteln. Theoretisch (!) könnte so an einem Tag ein Gutteil der russischen schweren Artillerie vernichtet werden.

Russland wütend 

Es wundert also nicht, dass Russland wütend auf diese Lieferung reagiert, denn tatsächlich ist es eine Eskalation der westlichen Militärhilfe. So soll Russlands Strategie einer Vernichtungswalze durchkreuzt werden, mit der die russische Armee derzeit die ukrainischen Streitkräfte im Donbass vernichtet. Die russischen Reaktionen entstehen auch, weil diese Systeme russischen Boden erreichen könnten. Die Werfer könnten Basen und Verkehrsknotenpunkte im Grenzgebiet angreifen, in vielen Regionen haben sich die russischen Streitkräfte ganz aus der Ukraine zurückgezogen und Kiews Soldaten stehen an der Grenze.

Die Gray Eagle kann mit 400 Kilometern Reichweite Ziele ohnehin weit im russischen Gebiet oder auf See attackieren. In Russland wird auch ein Angriff auf die Krim-Brücke für möglich gehalten. Von der Reichweite her wäre das denkbar, nur ist die eigene Bewaffnung der Drohne unzureichend, um die Brücke zu zerstören. Beschädigungen sind denkbar, für einen Propagandasieg würden sie ausreichen. Theoretisch wäre es auch vorstellbar, eine Gray Eagle zur Kamikazedrohne umzubauen. Teile der Ausrüstung und die Waffenaufhängungen zu entfernen und die so gesteigerte Nutzlast für einen großen Sprengkörper zu nutzen. So modifiziert könnte die Drohne die Brücke zerstören.

Letztlich entscheiden die USA über die Grenzen des Einsatzes. Kiew ist absolut abhängig von der Unterstützung der USA, sie darf auf gar keinen Fall irgendwie gefährdet werden. Auch ist zu erwarten, dass die USA den geografischen Einsatzraum dieser komplexen Systeme technisch begrenzen können.

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