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Krieg in der Ukraine Deep State Map – pro-ukrainische Aktivisten ziehen vernichtendes Fazit über Sommeroffensive

Ein alter Grad-Werfer der Ukraine
Ein alter Grad-Werfer der Ukraine
© Ignacio Marin/ / Picture Alliance
Die Gruppe "Deep State Map" steht fest an der Seite Kiews. Umso erschreckender ist ihre Analyse der Sommeroffensive. An einen schnellen Blitzsieg glauben sie nicht, sondern an einen Krieg, der weit länger als bis 2024 andauern wird.

"Deep State Map UA" ist vor allem wegen der gleichnamigen interaktiven Karte bekannt, mit der die Gruppe die Kampfhandlungen des Krieges dokumentiert. Dazu gibt es einen "großen" Telegram-Kanal, der seit einiger Zeit von einem kleineren englischsprachigen Kanal begleitet wird. Auf beiden Kanälen hat die pro-ukrainische Gruppe eine Analyse der Kiewer Sommeroffensive veröffentlicht, die Bilanz fällt ernüchternd aus. Auch die War-Map der Gruppe ist pro-ukrainisch, in der Tendenz jedoch konservativ. Deep State Map neigt nicht dazu, sofort jeder Jubelmeldung zu folgen.

Vorstoß südlich von Bachmut

Die Analyse geht die verschiedenen Ziele und Abschnitte durch. Zuerst geht es um die Bachmut-Front. Die Stadt fiel Anfang des Jahres in die Hand der Russen, sie wurde dabei komplett zerstört. Erklärtes Ziel sei es gewesen, Bachmut einzukreisen, so der Post. Der Angriff von zwei Zangen nördlich und südlich der Stadt sollte die Russen in der Trümmerwüste abschneiden. Das Urteil: "Entgegen den Behauptungen in den Medien ist Bachmut nicht umzingelt." Der nördliche Angriffskeil blieb nach anfänglichen Erfolgen liegen. "Die Initiative dort ist inzwischen sogar auf die Seite des Feindes übergegangen." Im Süden wurden zunächst die Höhen vor dem Ort Klischtschijiwka erobert, dann gelang es, die Russen aus den Ortschaften Andriivka und Klischtschijiwka zu vertreiben. Beides sind kleine Ansiedlungen, von denen nur Trümmer und ein paar Keller geblieben sind. Grundsätzlich können die ukrainischen Streitkräfte wegen der geografischen Lage in Richtung der Fernstraße TO513 vorstoßen, sitzen dann aber in der Senke zwischen Klischtschijiwka und Fernstraße.

Angriff bei Vremivka erschöpft

Dann geht es zur russischen Frontbeule südlich von Vremivka. Der Vorsprung der russischen Front wurde bereinigt. Hier kam es zu schweren Verlusten am Beginn der Offensive, als die Ukrainer im "Guderian-Stil" angriffen, so die Analyse. "Aufgrund der Fehler vom 5. bis 7. Juni waren alle weiteren Offensivaktionen äußerst schwierig." Den Russen gelang es, die Bedrohung hier zu neutralisieren.

Erfolg bei Robotyne

Dann kommt der Post zu dem wichtigsten Teil der Offensivoperation, dem Versuch, aus dem Raum Mala Tokmachka nach Süden Richtung Schwarzes Meer auszubrechen. Deep State Map betont den Schock, den der Verlust der westlichen Panzer vom Typ Leopard 2 und Bradley zu Beginn ausgelöst hat. "Die Hoffnung auf einen Blitzkrieg war vergeblich."

Die Analyse sieht einen begrenzten Erfolg. "Robotyne geriet unter unsere Kontrolle, aber es ist uns bisher nicht gelungen, es durch die Einnahme von Werbowe und Kopani zu erweitern oder den Keil tiefer zu treiben." Solange die Russen die Ortschaften Werbowe und Kopani halten, ist der ukrainische Einbruch zu schmal, um weiter in die Tiefe zu gehen. Derzeit versuchen die ukrainischen Truppen, in Werbowe Fuß zu fassen.

Krieg in der Ukraine: Deep State Map – pro-ukrainische Aktivisten ziehen vernichtendes Fazit über Sommeroffensive

Infanterie trägt die Last der Kämpfe

Das Resümee ist nüchtern. Positiv bewertet Deep State Map die Überlegenheit der ukrainischen Infanterie in gleichberechtigten Schlachten. "Wo es an Aufklärung und Artillerie mangelte, glich die Qualität der Infanterie die Situation aus." Anzumerken ist, dass auch der Roten Armee nachgesagt wurde, dass Zähigkeit und Opferwillen der Infanteristen sonstige Fehler ausgleichen mussten. Außerdem erkennt die Analyse an, dass der Robotyne-Vorsprung "Potenzial" besitzt. Weist aber darauf hin, dass die Russen hier schnell neue Befestigungsanlagen bauen.

Der Post endet: "Dieser Sommer hat gezeigt, dass der Krieg nicht zu unseren Bedingungen im Jahr 2024 enden wird. Die Ukraine muss sich auf neue Herausforderungen vorbereiten, denen sie sich bald stellen muss."

Ausblick

Es handelt sich um eine ernüchternde Zusammenfassung der Pro-Ukraine-Aktivisten. Hier muss man aber beachten, dass derartige Gruppen generell mit der Kritik an der eigenen Regierung nicht sparen. Auch der Kreml findet häufig vor prorussischen Bloggern keine Gnade. Die Analyse von "Deep State Map" misst die Erfolge, an den Zielen und Hoffnungen, die man vor der Offensive hatte. Die Aktivisten gehen nicht den einfachen Weg, später sehr viel kleinere Ziele auszugeben, damit die Operationen geglückt aussehen.

Auch in international anerkannten Medien fällt die Bilanz derzeit eher negativ aus. Die "New York Times" wies darauf hin, dass 2023 Russland mehr Gebiet neu besetzen, als die Ukraine befreien konnte. In der Ukraine steht die Schlammperiode vor der Tür. Auch dann können Gefechte, die auf kleinen Gruppen von Infanterie beruhen, weitergeführt werden, eine raumgreifende Operation ist dann aber unmöglich. Der Zeitraum, in dem Kiew den kleinen Einbruch bei Robotyne zum "Blühen" bringen kann, schrumpft täglich. Eine realistische Chance, die Stadt Tokmak 2023 zu befreien, besteht eigentlich nicht mehr.

Deep State Map weist zu Recht darauf hin, dass der Krieg nicht in absehbarer Zeit gewonnen werden kann. Wenn diese Form des Abnutzungskrieges weitere Jahre andauert, wird es entscheidend sein, welche Seite die Verluste an Menschen und Material ersetzen kann. Bei den Soldaten ist das ungleich größere Russland von vornherein im Vorteil. Kiew wird zudem mit dem Problem konfrontiert, dass sehr viele Männer das Land verlassen haben, um dem Wehrdienst zu entgehen. Allein in den Ländern der EU sollen es fast 700.000 Männer sein. Was das Kriegsmaterial angeht, werden sowohl Russland wie auch die Unterstützer Kiews die Verluste nicht ewig aus alten Vorräten ersetzen können. Entscheidend wird auf Dauer sein, welche Seite eine starke Neuproduktion von Kriegsmaterial aufbauen kann.

Quelle: Deep State Map1, Deep State Map 2

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