Ukraine-Krieg Aus Angst vor Haftstrafen: Russen nutzen Emojis und Codes, um sich zu Demonstrationen zu verabreden

Eine Reihe von gehenden Emojis, die Zahl 7 und ein Bild von Puschkin
Hinter dem Bild verbirgt sich ein Aufruf zu Protesten in Moskau gegen den Ukraine-Krieg
© Instagram
Während Putins Regime immer härter gegen vermeintliche "Fake News" und Anti-Kriegs-Demonstrationen vorgeht, nutzt die Bevölkerung verschlüsselte Nachrichten, um sich zu Protesten zu organisieren.

Mit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine verbreitete sich in den sozialen Netzwerken ein Bild: Es zeigte den Dichter Alexander Sergejewitsch Puschkin, die Zahl sieben und einige Reihen Emojis gehender Personen.

Für Eingeweihte war die Bedeutung und der der dahinter verborgene Aufruf des Bildes klar: der Moskauer Puschkin-Platz, 7 Uhr, Demonstration.

"Das Wetter ist toll für einen Spaziergang"

Schon seit Jahren werden in Russland verschlüsselte Codes zur Mobilisierung von Protesten genutzt. Auch die Behörden kennen mittlerweile jene verschlüsselten Botschaften gut genug, sodass laut der Menschenrechtsorganisation OVD-Info kaum noch die Rede von einem Code sein könne.

"Lass uns zum Zentrum spazieren" oder "Das Wetter ist toll für einen Spaziergang" sollen solche Phrasen sein, sagt eine Russin der BBC News. Was zur Umgehung der staatlichen Zensur angedacht war, hätte sich beinahe zu einem Insider-Witz oder Meme entwickelt, erzählt sie weiter. Jedoch sind die Folgen, die das Nicht-Codieren mit sich bringen würde, sehr wohl ernst zu nehmen.

Wieso sind Codes nötig?

Seit 2014 sind nicht-genehmigte Demonstration in Russland verboten. Ein erster Verstoß kann bis zu 15 Tagen Haft, wiederholte Verstöße können sogar zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahren führen. Daher ist es seitdem üblich, verschlüsselte Nachrichten und Phrasen zu nutzen, um sich online zu organisieren.

Anfang dieses Monats wurde ein Gesetz in Russland verabschiedet, welches gegen "Fake News" das Militär betreffend vorgehen soll. Es wird jedoch erwartet, dass dieses Gesetz genutzt wird, um noch härter gegen Antikriegsproteste vorzugehen – unter anderem mit Haftstrafen von bis zu 15 Jahren, welches deutlich länger als die bisherigen Strafen wäre.

Viele Russ:innen löschen ihre Accounts

BBC News seien Verhaftungen bekannt, die ausschließlich auf Aktivitäten in den sozialen Medien zurückgehen. Beispielsweise twittere eine Frau: "Ich bin schon lange nicht mehr im Zentrum spazieren gegangen", und zitierte den Tweet eines anderen Accounts, der einen expliziteren Aufruf zu einer Kundgebung enthielt. Fünf Tage später wurde sie von der russischen Polizei verhaftet, als sie in einen Zug steigen wollte.

Das Sperren unabhängiger Medien und sozialer Medien hat laut Leonid Drabkin, dem Koordinator von OVD-Info, dazu geführt, dass wichtige Informationswege abgeschnitten werden. Viele User:innen haben aus Angst mittlerweile ihre Social-Media-Profile gelöscht.

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Sonnenblumen-Emoji als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine

Das gehende Emoji ist das einzige, das durch die russische Invasion eine neue Bedeutung erhalten hat. Das Sonnenblumen-Emoji wird von Nutzer:innen als "globales Symbol des Widerstands, der Einheit und der Hoffnung" gepostet, berichtet die Washington Post.

Die Sonnenblume ist die Nationalblume der Ukraine. In jüngerer Zeit wurde sie als Emoji verwendet, nachdem ein Video viral ging, in dem eine ukrainische Frau zu russischen Soldaten sagte: "Nehmt Sonnenblumensamen und gebt sie in eure Taschen, damit zumindest Sonnenblumen wachsen, wenn ihr hier alle sterben werdet."

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