So früh wie nie "End of Fish Day": Warum wir dieses Jahr eigentlich keinen Fisch mehr essen dürften

Wildlachs
Der Lieblingsfisch der Deutschen ist der Lachs. Doch der wird meist nicht mehr wild gefangen, wie der Wildlachs auf dem Bild, sondern stammt aus industriellen Aquakulturen.
© Alexandra Schuler / Picture Alliance
Das Jahr hat gerade erst richtig angefangen, und schon ist der gesamte deutsche Fisch für 2022 (rechnerisch) aufgegessen. So früh wie nie zuvor. Ab heute sind Verbraucher auf Importe angewiesen.

In den Meeren gibt es immer weniger Fische. Um den Appetit zu stillen, wird seit Jahren mehr aus dem Wasser geholt als nachkommt. Laut Berechnungen von Brot für die Welt, Fair Oceans und Slow Food hat Deutschland schon jetzt rechnerisch seine komplette zur Verfügung stehende Jahresmenge an Fisch und Meeresfrüchten aufgegessen. Also die Menge an Fischen und Meeresfrüchten, die im gesamten Jahresverlauf unter deutscher Flagge gefangen und hierzulande gezüchtet werden – und das nach gerade einmal zweieinhalb Monaten. Damit ist der "End of Fish Day" so früh gekommen wie nie. Im vergangenen Jahr fiel er noch auf den 17. März.

Der Appetit auf Fisch und Meeresfrüchte ist groß. Problematisch groß. Eine Studie der Food and Agriculture Organization of the United Nation (FAO) kam zu dem Ergebnis, dass 2020 der Pro-Kopf-Konsum von Fischfleisch mit 20,5 Kilogramm einen neuen Höchststand erreicht hatte. Eine Trendwende sei, so die FAO damals, nicht in Sicht. Gleichzeitig trifft die ungebremst hohe Nachfrage auf rückläufige Fangquoten. Fangquoten, die nötig wurden, um Überfischung, Wasserverschmutzung und Klimawandel Einhalt zu gebieten. Als Folge daraus kauft Deutschland ordentlich aus dem Ausland zu. Nicht einmal jeder fünfte Fisch kommt heute noch aus deutschem Fang. Der von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bestimmte Selbstversorgungsgrad liegt in diesem Jahr noch bei 19 Prozent. 

Fischkonsum muss gedrosselt werden

Auch die Erzeugung in Aquakulturen spielt eine immer größere Rolle. Aber ist diese wirklich die Lösung? Die industrielle Erzeugung kommt nicht ohne Kritik. Denn die Fische in diesen Kulturen, dazu gehören neben dem Lieblingsfisch der Deutschen, dem Lachs, auch Forelle, Aal sowie Garnelen, werden zu einem großen Teil mit Fischmehl ernährt. Das wiederum wird aus Schwarmfischen hergestellt, die aus dem Meer geholt werden.

"Diese Fische werden entweder den marinen Nahrungsketten entzogen oder sie gehen der Fischereiwirtschaft und damit der Ernährungssicherheit im globalen Süden verloren. Sie fehlen also gerade dort, wo die Küstengemeinden am stärksten auf intakte Meeresökosysteme und Fischbestände angewiesen sind", beschreibt Francisco Mari, Fischereiexperte von Brot für die Welt, die weltweiten Folgen industrieller Aquakultur.

Verbraucher:innen sollten, da sind sich die Weltgesundheitsorganisation und Slow Food Deutschland einig, statt industrielle lieber handwerkliche Aquakultur und Fischerei unterstützen. Aber, so Nina Wolff, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, "auch nachhaltige Optionen selten und in geringen Mengen genossen werden". Auf "Fischbestände Online" finden Verbraucher:innen außerdem alle Informationen zum Zustand von wilden Meeres-Fischbeständen, die für den deutschen Markt von Bedeutung sind.

tpo

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