Spargel Höhenflug

Rasantes Wachstum am Spargelmarkt lässt die Händler träumen. Der SPAX (Spargelpreisindex auf dem Schwetzinger Parkett) überwindet spielend die 6-Euro-Grenze (pro kg). Saucenbroker sprechen bereits von einer Hausse Hollandaise. Das beflügelt natürlich auch die Fantasien am Neuen Markt für Rezepte, wo wir Küchen-Guru Johann Lafer um Tipps gebeten haben. Hier seine drei Zubereitungen mit hoher Genussdividende

Spargel ist unglaublich lecker und ebenso gesund. Leider ist er auch sehr teuer und empfindlich. Es empfiehlt sich, mit dem Kauf auf heimische Ware zu warten. Nur sie ist das viele Geld wirklich wert.

Pierre Francois de La Varenne, Koch bei König Heinrich IV. und Verfasser des "Cuisinier francais" (1651), gilt als Frankreichs frühester kulinarischer Autor von Rang. Ihm verdanken wir die ersten Rezepte, in denen Gemüse nicht Beilage, sondern Mittelpunkt ist, Zubereitungen für Artischocken, Pilze, Blumenkohl und Spargel.

Bis auf kleine Abstriche beim Blumenkohl (den Wolfram Siebeck einen "gemeinen Stinker" nannte und zumindest in Deutschland dauerhaft verunglimpfte) werden alle noch immer als feine Speisen geschätzt. Der Spargel gilt gar als König der Gemüse.

Doch der König wächst nicht mehr nur in Schwetzingen, der Lüneburger Nordheide und Beelitz bei Berlin. Er residiert längst auch am Rand der Kalahari, in der Inselwelt Samoas und im Andenhochland Perus. Spargel könnten wir täglich haben, wenn wir wollten.

Wollen wir aber nicht: Denn Spargel ist ein Saisongemüse, dessen Delikatesse und gesundheitliches Potenzial mit jedem Kilometer und jeder Stunde Distanz zum Verbraucher rapide abnehmen. Der wahre Spargelfreund kauft seine Stangen darum nicht im Laden oder an irgendeinem Marktstand. Er kauft sie im Laufe des Tages direkt beim lokalen Bauern, der ihn in der Dämmerung gestochen hat, noch vor dem ersten Kaffee. Spargel ist teuer, weil er von Hand und unter Kreuzschmerzen geernet wird, weil es nur eine Ernte im Jahr gibt und weil das Spargelfeld für den Rest des Jahres zur Erholung brachliegt. Pro Person als Hauptmahlzeit kauft man ein gutes Pfund; sind Beilagen wie Schinken, Kalb oder Lachs im Spiel, reichen 400 Gramm.

Weil aber nicht nur Spargelbauern ihr Geld im Schweiße ihres Angesichts verdienen, darf auch der Kunde ruhig hinsehen, welche Qualität er für sein Geld bekommen soll. Je länger die Transportwege, desto geringer die Qualität. Selbst unter den heimischen Anbietern gibt es Schurken. Die deutschen lieben weißen Spargel. Das ist der teuerste. Warum? Weil er in Erdwällen gezogen wird, unter denen er besser in die Länge und die Breite wächst. Die Wälle aber wallen nicht von allein. Der Bauer muss sie mühsam aufhäufen. Das macht er nicht umsonst.

Den Winter verdöst der Spargel als Wurzelwerk 30 cm unter der Erde. Kaum erwärmt die Frühjahrssonne diese auf 16 Grad, drängt die Pflanze zum Licht, einige Zentimeter pro Tag. Im Boden ist es dunkel, und der Spargel darum dort weiß wie ein Albino. Kaum wächst er durch die Bodendecke, bekommt er Sonnenbrand, läuft rötlich-bläulich an, wird violett und will nun grün werden. Das ist ihm nicht vergönnt. Weiß soll er sein, auch wenn er grün intensiver schmeckt und preiswerter ist (null Wälle). Darum wird er vor Tau und Tag geschnitten.

Ab jetzt läuft die Uhr gegen den Zerfall. Von Wurzel und Saft abgeschnitten, wehrt sich die Spargelstange gegen das Austrocknen. Sie verholzt nicht nur an der Schnittstelle, sondern auch der Länge nach. Je älter der Spargel, desto mehr muss man schälen, also Geld wegschmeißen. Glatte, glänzende Schnittstellen sind ein Indikator für Frische. Doch Vorsicht: Manche Händler schneiden die verholzten Enden heimlich einfach ab, bevor sie die Ware in die Auslage legen.

Was tun? Man quetscht die Schnittstelle zwischen Daumen und Zeigefinger, bis Saft austritt. Spargel unter die Nase halten und schnuppern: Riecht der Saft süß, ist der Spargel frisch, riecht er säuerlich, sind Verbalinjurien nicht empfohlen, aber verständlich. Rein-weißer Spargel muss nicht der beste sein. Er kann auch das Ergebnis eines bleichenden langen Eiswasserbades sein, aus dem er in Schönheit erstarrt hervorgeht, quasi ewig haltbar, aber geschmack- und inhaltslos.

Bert Gamerschlag

Wildspargel mit Jakobsmuscheln auf Oliventoast

Für 4 Personen

1 Kastenweißbrot (altbacken, siehe Tipps)
1/2 Zitrone
8 Jakobsmuscheln
2 Tomaten
2 getrocknete Tomaten in Öl
1/2 kleine Schalotte
1 kleiner Zweig Estragon
1-2 EL weißer Balsamessig
Salz
Zucker
4 EL Olivenöl mit Zitrone
Pfeffer aus der Mühle
2 EL schwarze Olivenpaste (Tapenade)
200 g Wildspargel (ersatzw. Thai-Spargel)
4 EL Olivenöl
2 Knoblauchzehen
1 Zweig Thymian
20 g Butter

1 Den Backofen auf 200 Grad vorheizen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Von dem Brot der Länge nach 4 etwa 20 cm lange und 4 mm dünne Scheiben abschneiden. Das geht am besten mit einer Brotschneidemaschine. Die Brotscheiben auf das Blech legen, mit einem zweiten Bogen Papier abdecken und mit einem weiteren Backblech beschweren. Die Brotscheiben im Ofen etwa 15 Minuten goldbraun backen, herausnehmen und abkühlen lassen. Die Zitronenhälfte auspressen, den Saft beiseite stellen. Die Jakobsmuscheln putzen, Corail, wenn nötig, entfernen. Muscheln mit kaltem Wasser waschen und mit Küchenpapier trockentupfen. Jede Muschel waagerecht durchschneiden (evtl. mit einem gezackten Buntmesser) und kalt stellen.

2 Für die Vinaigrette die Tomaten häuten und entkernen. Tomaten, getrocknete Tomaten und die halbe Schalotte sehr fein würfeln. Estragon hacken. Essig mit Salz und 1 Prise Zucker gut verrühren, Olivenöl mit Zitrone unter ständigem Rühren in dünnem Strahl dazugießen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit den vorbereiteten Vinaigrettezutaten mischen.

3 Toastscheiben dünn mit Olivenpaste bestreichen und auf Portionsteller legen.

4 Salzwasser in einem großen Topf zum Kochen bringen. Ein Eiswasserbad vorbereiten. Spargel waschen und die Spitzen 10 cm lang abschneiden. Die Spargelspitzen im Salzwasser 15 Sekunden sprudelnd offen kochen, dann im Eiswasser abschrecken und gut abtropfen lassen. In einer Pfanne 2 EL Olivenöl erhitzen, die Spargelspitzen darin kurz andünsten, ohne zu bräunen. Mit Salz und Pfeffer würzen und mit dem Zitronensaft beträufeln.

5 Das restliche Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, darin die Jakobsmuscheln etwa 15 Sekunden goldbraun braten. Knoblauchzehen etwas andrücken und mit dem Thymianzweig und der Butter hinzufügen, aufschäumen, mit Salz und Pfeffer würzen und die Pfanne vom Herd nehmen.

6 Die Spargel längs, nebeneinander, mit den Spitzen nach außen auf den Toast legen. Darauf die Jakobsmuschelscheiben anrichten und mit der Tomatenvinaigrette beträufeln.

Tipps: Ein Eiswasserbad ist kaltes Wasser, in dem zur Kühlung Eiswürfel schwimmen. Jakobsmuscheln beim Fischhändler bestellen. Der Händler wird sie auch öffnen und das rote Corail (Rogen) entfernen. Den Rest des Spargels für eine Suppe oder ein Ragout verwenden. Das Brot zuvor zwei Tage in einer Plastiktüte lagern.

Johann Lafer

Tellersülze von Spargel, Rhabarber und Hummer

Für 4 Personen

1 kg Rhabarber
100 g Zucker
50 ml Weißwein
1 Messerspitze Sternanis, gemahlen
80 ml Apfelsaft
1 Vanilleschote
Salz
Chilipulver
3 Blatt weiße Gelatine
1 Möhre
1/2 kleine Sellerieknolle
1 feste Zucchini
12 Stangen grüner Spargel
2 Hummerschwänze, gekocht (vom Fischhändler)
1/2 Limette
1 Zweig Dill
ca. 50 g Crème fraiche
2 EL Milch
Pfeffer aus der Mühle
Kerbel zum Dekorieren

1 Portionsteller zum Vorkühlen in den Kühlschrank stellen. Den Rhabarber waschen, in grobe Würfel schneiden und mit Zucker, Weißwein, Sternanis und Apfelsaft in einen Topf geben. Die Vanilleschote längs aufschneiden, das Mark mit einem Messer herausschaben, samt Schote zum Rhabarber geben und ca. 5 Minuten zugedeckt kochen, dann die Schote entfernen. Rhabarber im Mixer fein pürieren. Ein Sieb mit einem Mulltuch auslegen, das Püree darin langsam abtropfen lassen. Der aufgefangene Saft soll klar bleiben, darum nur vorsichtig ausdrücken. 350 ml Saft abmessen, kurz aufkochen, mit Salz und Chilipulver würzen. Gelatine in kaltem Wasser einweichen, ausdrücken und im Saft auflösen. Den fertigen Fond abkühlen lassen.

2 Salzwasser zum Kochen bringen. Ein Eiswasserbad vorbereiten. Möhre und Sellerie schälen. Aus Möhre, Sellerie und Zucchini jeweils 20 kleine Gemüseperlen ausstechen (siehe Tipp). Gemüseperlen 30 Sekunden in Salzwasser blanchieren, im Eiswasser abschrecken und abgetropft zum Rhabarberfond geben.

3 Den Spargel waschen und im unteren Drittel schälen, die Enden großzügig abschneiden. Spargel schräg in ca. 1 cm lange Stücke schneiden. Die Spargelstücke 4 Minuten in Salzwasser garen, dann im Eiswasser abschrecken.

4 Die Hummerschwänze, falls nötig, aus dem Panzer lösen. Hummerfleisch schräg in Scheiben schneiden und mit den Spargelstücken auf die vorgekühlten Teller verteilen. Rhabarberfond, wenn er zu stocken beginnt, darüber gießen und kalt stellen, bis er zu Gelee erstarrt ist.

5 Für eine Sauce die halbe Limette auspressen, den Dill fein schneiden, beides mit Crème fraiche und Milch glatt rühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken.

6 Die Tellersülze mit Kerbel garnieren. Die Sauce getrennt dazu reichen und nach Geschmack darüber träufeln.

Tipp: Gemüseperlenformer sind wie Kugelausstecher, nur kleiner. Es gibt sie im Küchenfachhandel. Man kann die Gemüse auch in sehr kleine Würfel schneiden.

Johann Lafer

Spargel in Orangenbutter mit Zanderfilets

Für 4 Personen

4 Zanderfilets (ohne Haut; à 120 g)
140 g Butter
4 Orangen (1 unbehandelt)
1 Zitrone
3-4 längliche, fest kochende Kartoffeln (z. B. Bamberger Hörnchen)
1 Eigelb
800 g weißer Spargel
5 Schalotten
30-35 g Zucker
80 ml Weißwein
80 ml Brühe
Salz
4 Thymianzweige
2 Knoblauchzehen
1 EL Butterschmalz
1 Rosmarinzweig
Chili, gemahlen (oder Cayennepfeffer)
2-3 Stiele glatte Petersilie
1 EL geschlagene Sahne
etwas Brunnenkresse zum Garnieren

1 Die Zanderfilets kalt abspülen, evtl. Gräten herauszupfen, Fisch trockentupfen. 30 g Butter schmelzen. 40 g Butter würfeln und kalt stellen. Die unbehandelte Orange waschen und trocknen, die Schale fein abreiben. 2 Orangen mit einem scharfen Messer komplett schälen, sodass alles Weiße mit abgeschnitten wird und das Fruchtfleisch bloß liegt. Die Orangenfilets zwischen den Trennhäutchen herausschneiden. Den Saft der verbliebenen und der abgeriebenen Orange auspressen. Die Zitrone wie die Orangen komplett schälen, das Fruchtfleisch in Scheiben schneiden. Alles beiseite stellen.

2 Die Kartoffeln schälen, waschen und in hauchdünne Scheiben (0,5 mm) schneiden oder besser noch hobeln.

3 Die Fischfilets auf 4 Bögen Alufolie entsprechender Größe legen und mit verquirltem Eigelb bestreichen. Eigelb leicht antrocknen lassen und mit den Kartoffelscheiben schuppenartig belegen. Fisch und Kartoffeln nicht salzen, sonst werden sie später nicht kross und zerfallen. Die Kartoffelschuppen dick mit der flüssigen Butter bestreichen. Die so vorbereiteten Fischfilets auf den Alubögen ca. 30 Minuten kalt stellen, damit die Butter fest wird.

4 Inzwischen den Spargel waschen, schälen und schräg in ca. 4 cm lange Stücke schneiden. 2 Schalotten abziehen, halbieren und in einem weiten Topf in 30 g Butter hellbraun anbraten. Schalotten mit 25 g Zucker bestreuen, Zucker, ohne zu bräunen, schmelzen, mit Wein und Brühe ablöschen. Die Spargelstücke dazugeben, salzen. Zitronenscheiben und 2 Thymianzweige darauf legen, zudecken und bei ganz milder Hitze ca. 15 Minuten garen.

5 Den Spargelfond aus dem Topf abgießen, 100 ml davon abmessen. Spargelstücke warm stellen. 2 Schalotten abziehen, fein würfeln und mit der abgeriebenen Orangenschale in 20 g Butter andünsten. Restlichen Zucker darüber streuen, hell schmelzen lassen, dann Spargelfond und Orangensaft dazugießen. Alles offen um die Hälfte einkochen.

6 Inzwischen 1 Schalotte und die Knoblauchzehen ungeschält halbieren. Das Butterschmalz in einer Pfanne erhitzen. Fischfilets aus dem Kühlschrank nehmen, mit der Kartoffelseite nach unten ins Butterfett legen, Folie entfernen. Kartoffelschuppen bei mittlerer Hitze 3-4 Minuten goldbraun braten, dann das Ganze vorsichtig umdrehen. Zum Aromatisieren 2 Thymianzweige sowie den Rosmarinzweig, die Knoblauch- und Schalottenhälften und 20 g Butter hinzufügen, aufschäumen und die Pfanne vom Herd ziehen.

7 Die kalten Butterflöckchen mit dem Schneebesen oder mit dem Pürierstab in die reduzierte Sauce rühren - dabei nicht mehr kochen. Mit Salz und Chili würzen. Orangenfilets und abgetropfte Spargelstücke in der Sauce schwenken. Petersilie in Streifen schneiden und zum Schluss mit der Sahne unterheben. Spargel mit Orangenbutter auf vorgewärmte Teller verteilen, darauf die Fischfilets anrichten. Mit gezupften Kresseblättchen garnieren.

Tipp: Es ist nicht ganz einfach und bedarf einiger Geschicklichkeit, den Zander mit Kartoffelschuppen zu braten. Wem das zu kompliziert ist, bestellt die Filets ungehäutet und brät sie (ohne Kartoffelschuppen) kross auf der Haut, wendet sie, zieht die Pfanne von der Herdplatte und lässt den Fisch kurz gar ziehen.

Johann Lafer

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