Es ist das Jahr 2024. Frauen haben Sex mit wem sie wollen, verdienen genauso viel wie Männer und können sogar Bundeskanzlerin werden. Die Gleichberechtigung ist erreicht! Klingt gut, ist aber nicht so. Ein Blick in die Statistiken zeigt, dass die gefühlte Wahrheit und die Realität weit auseinanderklaffen. Die Journalistin Alexandra Zykunov hat sich durch absurde Zahlen und Fakten gewühlt. In Ihrem Buch "Was wollt ihr denn noch alles?!" hat sie zusammengetragen, warum unsere Gleichberechtigung ein Hirngespinst ist und fragt jetzt: "Bock, das Patriarchat anzuzünden?" Nein, Zykunov ist keine Männerhasserin. Sie will auch nicht alle Männer über einen Kamm scheren. Ihr geht es darum, das System sichtbar zu machen, das viele Gruppen der Gesellschaft unterdrückt. Ein Gespräch über den Ist- und Soll-Zustand.
Frau Zykunov, ich bin neuerdings Fan von Luxemburg. Dort wird gelebt, was Deutschland nicht schafft: Gleichbezahlung von Mann und Frau. Woran hakt es hierzulande?
Seit die Europäische Union die Gender-Pay-Gap-Statistiken für alle Mitgliedsstaaten veröffentlicht, also seit mehr als 15 Jahren, belegt Deutschland darin durchgehend einen der letzten fünf Plätze neben Österreich und Schweiz. Es ist fatal und die meisten denken immer noch, dass Deutschland als Industrieland modern und super aufgestellt ist, auch was den Gender-Pay-Gap anbelangt. Tatsächlich sind wir diesbezüglich aber eher in den 60ern hängengeblieben.
Wie meinen Sie das?
Uns hängt ein wahnsinnig antiquiertes Frauen- und Mutterbild nach. Ab einem gewissen Alter muss Frau Kinder bekommen, nach der Geburt mindestens ein bis drei Jahre zuhause bleiben und wenn sie überhaupt wieder anfängt zu arbeiten, dann bitte nur 15 Stunden. Erst wenn das Kind etwa sieben Jahre alt ist, so eine Studie, darf auch die Mutter wieder in Vollzeit arbeiten. In ganz vielen anderen europäischen Ländern ist das nicht so. Wie sich das auswirkt, zeigt ein Blick in die Statistiken. Deutsche Frauen reihen sich, was die Einkommenshöhe angeht, ganz hinten ein. Das trifft auch auf die Summe zu, die sie in heterosexuellen Beziehungen zum Haushaltseinkommen beitragen.

Inzwischen nehmen auch immer mehr Väter Elternzeit. Das sollte das finanzielle Ungleichgewicht, das durch die Care-Arbeit entsteht, doch etwas abfedern?
Stimmt, wenn sich die Care-Arbeit-Lücke verringert, verringert sich automatisch auch die Lohnlücke zwischen Hetero-Paaren. Denn je mehr und länger Väter Elternzeit nehmen, desto mehr Care-Arbeit übernehmen sie später und umso mehr können Mütter erwerbsarbeiten und in die Rentenkasse einzahlen. Aber tatsächlich steigt die Zahl der Väter zwar, die Elternzeit beantragen, viele nehmen jedoch weiterhin nur ein, zwei Monate und das meist mit den Müttern zusammen. 57 Prozent der Väter nehmen immer noch gar keine Elternzeit.