Demos in Neukölln und Duisburg Jubel über Hamas-Terror: Was in Deutschland strafbar ist

  • von Luca Wolpers
Demonstration von Pro-palästinensischen Aktivisten in Duisburg-Hochfeld
Demonstration von pro-palästinensischen Aktivisten in Duisburg-Hochfeld nach dem Angriff der Hamas auf Israel
© Jochen Tack / Imago Images
Der Angriff der islamistischen Hamas auf Israel wurde in Berlin und Duisburg teilweise bejubelt. Politiker fordern nun harte Konsequenzen für Sympathisanten der Terroristen. Welche Strafen müssen Hamas-Unterstützer in Deutschland aktuell fürchten?

Nicht überall in Deutschland löste der Angriff der islamistischen Hamas auf Israel Entsetzen aus. In Berlin-Neukölln bejubelten am Samstagabend rund 50 Menschen den Terror in Israel. Anhänger des Palästinensischen Gefangenensolidaritätsnetzwerks Samidoun verteilten zur Feier des Tages Süßigkeiten. In Duisburg zogen am Montagabend 110 Menschen bei einer pro-palästinensischen Kundgebung durch die Stadt. Zwei der Teilnehmer im Alter von 26 und 29 Jahren seien unter anderem wegen strafbarer Äußerungen "in einer fremden Sprache" in Gewahrsam genommen worden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, wer den Terror bejubele, trete auch "die Menschenwürde und die deutsche Verfassung mit Füßen". Im Interview mit dem stern drängte Steinmeiers Vorgänger Joachim Gauck auf mehr Härte gegen Hamas-Sympathisanten. "Wir dürfen nicht zulassen, dass dieser brutale Terror in unserem Land bejubelt oder gar unterstützt wird", sagte Gauck. Doch inwiefern sind die Jubelfeiern strafbar? Und ab wann gilt Israel-Kritik in Deutschland als antisemitisch und volksverhetzend?

Strafe für Billigung von Terror

Wer den Verbrechen der Hamas Beifall spendet, macht sich strafbar. Das regelt Paragraf 140 des Strafgesetzbuches, der die Billigung von Straftaten verbietet. Die Billigung rechtswidriger Taten ist strafbar, wenn sie "in einer Weise" geschieht, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Auch Straftaten im Ausland können vom Verbot der Billigung betroffen sein. Beispielsweise hat das Oberlandesgericht Karlsruhe im Jahr 2003 für die Terrorattacken am 11. September 2001 auf das World Trade Center ein Billigungsverbot ausgesprochen. Laut dem Strafgesetzbuch könnte Befürwortern des Hamas-Terrors also eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe drohen.

In die Debatte über die Bestrafung der Feiernden brachte der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dirk Wiese auch die Möglichkeit der Ausweisung. Solidarisierung mit Terrororganisationen müsse mit allen verfügbaren rechtstaatlichen Mitteln beantwortet werden. Dazu zählt Wiese den Paragraf 54 des Aufenthaltsgesetzes. Mit diesem ist eine Ausweisung von Hamas-Unterstützern ohne deutschen Pass in der Theorie möglich. Demnach besteht Ausweisungsinteresse, wenn ein Ausländer Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt. Eine Ausweisung ist jedoch nur möglich, wenn sich ein Land findet, das die betroffene Person aufnimmt. Ein Migrationsabkommen für die Rückführung in palästinensische Autonomiegebiete gibt es nicht.

Ein weiteres Mittel des Rechtstaats kann das Verbot einzelner Versammlungen sein. Bereits im Frühjahr waren mehrere pro-palästinensische und israelfeindliche Demonstrationen von der Berliner Polizei untersagt worden. Im Versammlungsgesetz der Stadt Berlin heißt es in Paragraf 14, dass eine Versammlung insbesondere verboten, beschränkt oder nach deren Beginn aufgelöst werden kann, wenn zu Hass gegen eine nationale oder religiöse Gruppe aufgestachelt wird.

Israel-Kritik oder Antisemitismus?

Nicht nur wegen der Feierlichkeiten anlässlich des Hamas-Terrors wandern viele pro-palästinensische Demonstrationen auf einem schmalen Grat zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus.

Dabei ist Antisemitismus in Deutschland kein eigener Straftatbestand, kann aber in Form der Volksverhetzung bestraft werden. Volksverhetzung, bei der gegen einzelne Menschen oder Gruppen wegen ihrer Herkunft, der ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit zu Hass oder Gewalt aufgerufen wird, kann mit Geld-oder Freiheitsstrafen von drei bis fünf Monaten geahndet werden. Macht sich jemand der Volksverhetzung schuldig, kann eine antisemitische Einstellung die Höhe der Strafe beeinflussen.

Unter Volksverhetzug fallen Äußerungen wie "Tod den Juden", "Tod Israel" oder die Leugnung des Holocausts. Schwieriger verhält es sich mit dem Slogan "Palestine will be free, from the river to the sea" (deutsch: Pälastina wird frei sein, vom Fluss bis zum Meer). Die Formulierung bezieht sich auf den Fluss Jordan und das Mittelmeer und kann damit als Absprechung Israels Existenzrechts verstanden werden. Ob die Verwender des Ausrufs allerdings den Genozid an der Bevölkerung Israels oder Freiheit und Gleichberechtigung für die Palästinenser in Israel und den besetzten Gebieten fordern, lässt sich nicht nachweisen. Damit ist der Slogan, genauso wie Aufrufe zum Boykott Israels, von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Strafbar ist hingegen das Verbrennen israelischer Flaggen. Seit 2020 verbietet Paragraf 104 des Strafgesetzbuchs die öffentliche Zerstörung oder Beschädigung der Flagge eines ausländischen Staates. Die, die sich nicht daran halten, müssen mit einer bis zu zweijährigen Haftstrafe oder einer Geldstrafe rechnen.