Neue Proteste Brummis statt Traktoren: Darum blockieren heute und morgen Lkw-Fahrer Berlin

LKW's Protestieren in Berlin gegen die Ampel regierung
Die Logistiker nehmen sich ein Beispiel an den Landwirten und protestieren in Berlin gegen die Ampelpolitik
© Stefan Zeitz / Picture Alliance / dpa
Nicht nur Landwirte, auch Spediteure und Lkw-Fahrer protestieren gegen die Ampelpolitik. Mit einer Demo in Berlin fordern sie die Rücknahme der Mauterhöhung und der CO2-Bepreisung von Diesel.

Keine Trecker mehr, sondern Lkw rollen jetzt zum Brandenburger Tor: Die Logistik-Branche protestiert in Berlin. Sie fordern die Rücknahme des CO2-Aufschlags auf die Maut und des CO2-Preises auf Diesel. Der Bundesverband Logistik & Verkehr (BLV-pro) hat 1500 Lkw für die Veranstaltung angemeldet. Teilnehmer aus ganz Deutschland sammelten sich heute auf der Straße des 17. Juni. Am Freitag ist eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor geplant. 

"Unsere Mitglieder sind wütend, sie fühlen sich von der Politik im Stich gelassen“, sagt der BLV-pro Vorsitzende Konstantin Popov. Für kleinere Unternehmen seien die zusätzlichen Kosten existenzbedrohend. Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte der Bundestag beschlossen, die Lkw-Maut an die Höhe des CO2-Ausstoßes zu koppeln. Seit dem 1. Dezember müssen Speditionen und Transportunternehmen einen Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 zahlen – laut Branchenverbänden steigen die Mautkosten somit um mehr als 80 Prozent. Die Bundesregierung erhofft sich bis 2027 Mehreinnahmen von rund 27 Milliarden Euro und ein Umrüsten auf klimafreundlichere Lkw-Modelle. 

Diesen finanziellen Anreiz bräuchte es, erklärte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) im vergangenen Juni, "da Nutzfahrzeuge aktuell noch rund ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen im Verkehr verursachen“. Branchenverbände bestreiten, dass die Mauterhöhung eine Lenkungswirkung hin zu mehr Klimaschutz habe. "Es gibt weder die Lkw, noch gibt es die Ladeinfrastruktur", sagt der Vorsitzende des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt. Er fordert deswegen mehr Geld für Ladeinfrastruktur und für Förderprogramme zum Kauf von klimafreundlichen Fahrzeugen. "Ein Diesel-Lkw kostet 100.000 Euro, der entsprechende Elektro-Lkw kostet 300.000 Euro. Und kein Verlader in Deutschland bezahlt einen Cent mehr für die Fracht, weil ich einen E-Lkw einsetze.“

Mauteinnahmen sollen für den Ausbau von Bahnstrecken genutzt werden

Anders als bislang sollen die Mauteinnahmen nicht vorwiegend in Straßen investiert werden, sondern zur Hälfte in den Ausbau von Bahnstrecken. Das Ziel: mehr Güterverkehr auf der klimaschonenden Schiene. Umweltverbände wie Greenpeace befürworten das Gesetz als wichtigen Schritt in der Verkehrswende. Die Logistik-Branche jedoch fühlt sich vor den Kopf gestoßen. Das Geld von der Straße solle auch weiterhin für die Straße ausgegeben werden, etwa für dringend benötigte Parkplätze und Sanitäranlagen für die Fahrer.

Die Verbände klagen auch über die Doppelbelastung durch die Maut und den CO2-Preis auf Diesel, die eigentlich im Koalitionsvertrag ausgeschlossen wurde. Der CO2-Preis ist zum 1. Januar von zuvor 30 Euro auf jetzt 45 Euro pro Tonne erhöht worden. Die Einnahmen fließen in den Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung. Dirk Engelhardt warnt vor Preissteigerungen für Verbraucher: "Damit wird die Bevölkerung belastet.“ Das Verkehrsministerium widerspricht: Laut einer Mitteilung aus dem Sommer mache der Mautpreis nur etwa 0,1 Prozentpunkte der Kosten des Endproduktes aus. "Spürbare Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau sind demnach nicht zu erwarten.“

Der BGL beteiligte sich an der Demo der Landwirte am vergangenen Montag, Dirk Engelhardt teilte sich die Bühne vor dem Brandenburger Tor mit Vertretern des Bauernverbands. Zuvor habe man immer auf einen Dialog mit der Politik gesetzt, zuletzt aber kein Gehör gefunden. "Da die Bundesregierung direkt eingeknickt ist, als die Bauern auf die Straße gegangen sind, haben wir gesagt, dann schließen wir uns den Protesten an." Der BGL vertritt mittelständische Verkehrsunternehmen, der Verband zählt rund 7.000 Mitgliedsunternehmen mit insgesamt 650.000 Beschäftigten. Mit dem Bauernverband habe man einen seriösen Partner für die Demo gehabt, sagt Engelhardt, von rechten Parolen distanziere sich der BGL. "Wir reden grundsätzlich mit allen politischen Vertretern in Berlin, mit Ausnahme der AfD.“

Organisator der Demo folgte einer Einladung der AfD

Der BLV-pro, der die Demonstration in dieser Woche organisiert, ist deutlich jünger, kleiner und protestfreudiger. Mit der Politik, sagt der Vorsitzende Konstantin Popov, sei man "nicht auf Kuschelkurs“. Der Verein wurde erst 2021 aus einer Protestbewegung heraus gegründet, vertritt kleinere Unternehmen und auch Lkw-Fahrer. Die Mitgliederzahl befinde sich "im dreistelligen Bereich". 

Bei einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses im September vergangenen Jahres sprach ein Vertreter des BLV-pro auf Einladung der AfD. Popov verteidigt die Entscheidung des Verbands, die Einladung anzunehmen. "Diese Möglichkeit wollten wir uns nicht nehmen und wollten für die Branche unsere Einschätzung abgeben. Das ist der einzige Berührungspunkt mit der AfD.“ Der Verband distanziere sich von Rechten. "Wir wollen auch keinen Regierungswechsel. Danach hätten wir nur eine noch größere Baustelle."