Simson-Mopeds Ost-Lebensgefühl: Sonderstatus für Simson-Reimporte verlangt

Der Thüringer Landtag möchte Sonderreglung für Simson-Reimporte. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Der Thüringer Landtag möchte Sonderreglung für Simson-Reimporte. Foto
© Hauke-Christian Dittrich/dpa
Die in Suhl gebauten Simson-Mopeds haben einen Sonderstatus: Sie dürfen mit Tempo 60 unterwegs sein und sind deshalb mehr als ein Ausdruck von DDR-Nostalgie. Thüringen will das auch für Reimporte.

Sie knattern tausendfach vor allem über ostdeutsche Straßen - Mopeds der Marke Simson aus dem thüringischen Suhl. In erster Linie bei jungen Leuten haben die in der DDR-Zeit gebauten Gefährte mit Namen wie Schwalbe, Star, Sperber oder S50/51 Kultstatus, auch wegen einer Sonderregelung im Einigungsvertrag: Die Zweitakter dürfen, wenn sie in der DDR zugelassen waren, im Gegensatz zu anderen Kleinkrafträdern mit Tempo 60 unterwegs sein. Für Simson-Reimporte gilt das nicht, sie können wie andere Mopeds nur 45 Kilometer pro Stunde fahren. Thüringens Landtag und Landesregierung möchten das nun ändern, zunächst in Thüringen - möglichst auch bundesweit. 

"Simson ist Thüringen, Simson ist Freiheit auf zwei Rädern, Simson ist ein Lebensgefühl", sagte Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) in einer emotional und mit viel Nostalgie geführten Debatte im Landtag in Erfurt. "Simson-Fahren wollen wir bezahlbar und rechtssicher machen." Durch Reimporte würde sich das Angebot erhöhen, Schwarzmarktpreise eingedämmt, sagte Voigt.

Tempo 60 für alle Suhler Simson-Mopeds verlangt

In Suhl waren nach Angaben von Thüringens Verkehrsminister Steffen Schütz (BSW) fast sechs Millionen Simons-Zweiräder gebaut und unter anderem nach Ungarn oder Bulgarien exportiert worden. Die Produktion ist seit langem eingestellt, das endgültige Aus für eine kleine Nachfolgeproduktion kam 2002. Schütz sagte, die Landesregierung sei wegen einer Sonderregelung für Reimporte mit der Bundesregierung im Gespräch. "Wir setzen uns dafür ein, dass alle in Suhl gebauten Mopeds mit 60 gefahren werden können." 

Thüringens Regierungschef warf der AfD-Fraktion mit ihrem Rechtsaußen Björn Höcke vor, dass sie die Simson-Mopeds für ihre Zwecke benutze. Sie wolle aus der Marke Simson "ein Symbol der Abgrenzung" machen. Höcke, der aus Westdeutschland stammt, lädt nach eigenen Angaben junge Leute zu Simson-Touren ein, zuletzt hätten sich daran etwa 400 Fahrer beteiligt. Die Marke sei bedeutsam auch für die Identität junger Menschen, stehe aber auch für Protest, sagte Höcke im Landtag.

AfD Vereinnahmung der Marke vorgeworfen

Konkurrierende Anträge, die im Kern einen Sonderstatus auch für Reimporte ermöglichen sollen, legten die Koalitionsfraktionen von CDU, BSW und SPD sowie die oppositionelle AfD-Fraktion vor. Der Antrag der Regierungskoalition unter dem Motto "Willkommen Zuhause -vereinfachte Zulassung für reimportierte Simson-Mopeds" wurde schließlich mit den Stimmen der Regierungskoalition, aber auch aus der AfD-Fraktion beschlossen. Der AfD-Antrag, der auch die Aufnahme der Simson-Marke in die Thüringer Kulturgut-Liste vorsah, fand keine Mehrheit.

In der Landtagsdebatte schilderten Abgeordnete ihre Simson-Erfahrungen oder die ihrer Kinder. Der CDU-Abgeordnete Niklas Waßmann bezeichnete das typische Knattern der kleinen Zweitakter als "Geräusch der Jugend", der Linke-Abgeordnete Andreas Schubert sprach von einer "Ikone aus Thüringen". Simson-Mopeds, deren Preise wegen der hohen Nachfrage in den vergangenen Jahren stiegen, seien nicht nur Erinnerungsstücke, sondern "ein praktisches Stück Mobilität", sagte Waßmann. 

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Thüringen sollte auch ihren Umbau mit Elektromotor ermöglichen, sagte der BSW-Abgeordnete Roberto Kobelt. Der SPD-Abgeordnete Moritz Kalthoff erinnerte daran, dass die jüdischen Besitzer der Simson-Werke in Suhl in den 1930er Jahren von den Nationalsozialisten enteignet worden waren.

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dpa