Gesetzesinitiative Verfassungstreue-Check sorgt für hitzige Landtagsdebatte

In einem gemeinsamen Gesetzentwurf von CDU, SPD, Grünen und FDP geht es um den Schutz des Landtags vor Extremisten. (Archivbild)
In einem gemeinsamen Gesetzentwurf von CDU, SPD, Grünen und FDP geht es um den Schutz des Landtags vor Extremisten. (Archivbild) Foto
© Arne Dedert/dpa
Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen im hessischen Landtag sollen künftig auf Verfassungstreue geprüft werden. Was der neue Gesetzentwurf vorsieht und was die AfD-Fraktion vorschlägt.

Der geplante Verfassungstreue-Check für Mitarbeiter von Fraktionen und Abgeordneten hat im hessischen Landtag für eine hitzige Debatte gesorgt. Die schwarz-roten Regierungsfraktionen sowie Vertreter der oppositionellen Grünen und FDP warben für ihren gemeinsamen Gesetzesentwurf. Die AfD-Fraktion legte einen eigenen Vorschlag vor. 

Der Vier-Fraktionen-Entwurf zielt im Kern darauf ab, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Fraktionen und Abgeordneten künftig in einem mehrstufigen Verfahren auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen. Den check sollen alle aktuellen und künftig auch alle neuen Mitarbeiter durchlaufen. Die Novelle geht auf ein Papier von Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) zurück.

Kein Platz, kein Geld und keine Unterstützung für Extremisten

"Mit dieser Regelung senden wir ein unmissverständliches Signal: Der hessische Landtag schützt seine parlamentarische Arbeit", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Ingo Schon. "Für Extremisten und Verfassungsfeinde, die unsere Demokratie beseitigen wollen, darf und wird es hier keinen Platz, kein Geld und keine Unterstützung geben." 

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Miriam Dahlke, sagte, niemand, der auf dem Boden der Verfassung stehe, müsse sich Gedanken machen. "Dass wir diesen Gesetzentwurf gemeinsam vorlegen, ist mehr als ein formaler Akt. Es ist ein starkes, parteiübergreifendes Bekenntnis zur Verteidigung unserer demokratischen Institutionen."

Freiwillige Selbstauskunft und anlassbezogene Überprüfung

Die Gesetzesnovelle sieht vor, dass nach einer ersten freiwilligen Selbstauskunft des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin die Landtagskanzlei ein erweitertes Führungszeugnis einholen kann. Zudem können anlassbezogen zusätzlich Informationen beim Verfassungsschutz und beim Landeskriminalamt abgefragt werden. "Wird eine Mitarbeit in diesem Verfahren jedoch verweigert, muss der oder die Beschäftigte damit rechnen, von der Finanzierung ausgeschlossen zu werden", hatte Wallmann erläutert. Zudem drohe ein Hausverbot. Die Beschäftigten der Landtagskanzlei unterliegen als Angehörige des öffentlichen Dienstes bereits einer besonderen Verpflichtung zur Verfassungstreue. 

AfD-Fraktion kündigt Gang zum Staatsgerichtshof an

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Die AfD-Landtagsfraktion legte einen eigenen Gesetzesentwurf vor, der nach den Worten ihres Parlamentarischen Geschäftsführers Frank Grobe aber mildere Mittel vorsieht. Grobe kündigte an, dass sich seine Fraktion an den Hessischen Staatsgerichtshof wenden werde, sollte der Gesetzentwurf der vier übrigen Landtagsfraktionen verabschiedet werden. 

Dem AfD-Entwurf zufolge soll es die Möglichkeit geben, von Fraktionsmitarbeitern ein einfaches Führungszeugnis einzuholen und – falls Eintragungen vorliegen – mit Einwilligung der betroffenen Person Einsicht in die zugrundeliegende Entscheidung zu nehmen. Regelungen zu einem möglichen Finanzierungs-Stopp für Mitarbeiter sind nicht vorgesehen.

Ein einfaches Führungszeugnis gibt Auskunft darüber, ob jemand vorbestraft ist oder nicht. Im erweiterten Führungszeugnis, dass formal den Zusatz "zur Vorlage bei einer Behörde" trägt, sind zusätzliche Informationen aufgeführt, etwa der Widerruf eines Waffenscheins oder einer Gewerbeerlaubnis.

Andere Parlamente haben bereits ähnliche Regelungen

Aus anderen Parlamenten sei bekannt, dass einzelne Abgeordnete und Fraktionen dort Personen als Mitarbeiter eingestellt hätten, die enge Kontakte zu verfassungs- und staatsfeindlichen Organisationen unterhielten oder sogar schon wegen politisch motivierter Straftaten bis hin zu rassistischen Gewalttaten rechtskräftig verurteilt worden seien, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Lisa Gnadl. Das könne nicht sein. 

Der Bundestag und eine ganze Reihe von Länderparlamenten hätten bereits Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass Verfassungsfeinde als Mitarbeitende von Fraktionen und einzelnen Abgeordneten in den Staatsdienst eingeschleust würden, erläuterte Gnadl.

FDP: Gesetz darf unliebsame Meinungen nicht diskreditieren

"Unser Parlament muss immun sein gegen Bedrohungen durch Extremisten von rechts und links, durch religiösen Fundamentalismus oder durch Spionage aus dem Ausland", betonte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Oliver Stirböck. Das Gesetz dürfe jedoch keinen Raum geben, um unliebsame politische Meinungen zu diskreditieren und Menschen zu denunzieren. "Darauf werden wir als Freie Demokraten im weiteren Gesetzgebungsprozess achten."

dpa