Autoindustrie Lies vor Autogipfel: E-Mobilität? Ja, aber

Niedersachsens Ministerpräsident Lies fordert einen gemeinsamen Zukunftspakt für die Autoindustrie. Foto: Julian Stratenschulte/
Niedersachsens Ministerpräsident Lies fordert einen gemeinsamen Zukunftspakt für die Autoindustrie. Foto
© Julian Stratenschulte/dpa
Niedersachsens Regierungschef hält am Ziel E-Mobilität fest, plädiert aber auch für Ausnahmen vom Verbrenner-Aus. Morgen beraten Politik und Branche bei Kanzler Merz über Wege aus der Autokrise.

Elektro oder Verbrenner? Während viele Autofahrer mit einem Umstieg aufs E-Auto hadern, sucht die Politik nach dem richtigen Weg zum klimafreundlicheren Fahren. Vor dem Autogipfel der Bundesregierung bekannte sich Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies im Landtag zur E-Mobilität – zeigte sich aber auch offen dafür, das Verbrenner-Aus zu lockern.

In einer Regierungserklärung forderte Lies, der im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzt und auch am Autogipfel in Berlin teilnehmen wird, einen gemeinsamen Pakt für die Zukunft der Automobilindustrie. "Elektromobilität ist und bleibt die Leittechnologie", bekräftigte er. Auch die Zielmarke 2035 bleibe bestehen: Von dem Jahr an sollen Neuwagen im Betrieb kein klimaschädliches CO2 mehr ausstoßen dürfen. "Daran rütteln wir nicht", sagte Lies. 

Lies offen für E-Fuels und Hybride

Aber: Um die Ziele zu erreichen, brauche die kriselnde Autoindustrie auch andere Technologien als Brücke. Dazu könnten Autos mit Hybridantrieb oder Range Extender für größere Reichweiten zählen, ebenso wie E-Fuels – also synthetische Kraftstoffe aus erneuerbarer Energie – und Biokraftstoffe. 

Entsprechende Ausnahmen werden von der EU nach Angaben der Landesregierung schon geprüft. Beschlossen sind sie jedoch noch nicht. 

Bereits in einem Positionspapier vom September hatte Lies es als "leider unrealistisch" bezeichnet, 2035 nur noch reine Elektroautos zu verkaufen.

Laden soll nicht teurer sein als Tanken

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Lies betonte: "Es gab bislang kein pauschales Verbrenner-Verbot, und es wird ehrlicherweise auch keines geben." Die Forderung nach einem Aus vom vermeintlichen Verbrenner-Aus müsse daher enden. "Das ist Gift für die ganze Automobilbranche."

Gleichzeitig warb Lies dafür, dem Ausbau der E-Mobilität neuen Schub zu verleihen, etwa mit günstigerem Ladestrom. "Es darf eben nicht teurer sein, ein Auto zu laden, als ein Auto zu tanken", forderte der Ministerpräsident.

Lies nannte fünf Punkte, mit denen die Politik den Wandel unterstützen müsse:

Strompreise senken: Wer zu Hause für 30 Cent laden könne, dürfe unterwegs nicht das Doppelte zahlen müssen.Mehr Ladesäulen: Das Laden müsse so einfach und schnell werden wie das Tanken.E-Autos bezahlbar machen: Lies wirbt für soziale Leasingangebote, Steuererleichterungen und Anreize für kleine, günstige E-Modelle.Gebrauchtmarkt stärken: Ein Batteriepass und Garantien sollen Vertrauen schaffen und den Kauf gebrauchter E-Autos erleichtern.Europa unabhängiger machen: Niedersachsen dringt auf eine eigene Batteriezellfertigung in Europa.

CDU: "Man kann Elektromobilität nicht verordnen"

Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) warf Lies vor, die Krise der Autoindustrie schon 2016 als Wirtschaftsminister mit dem Fokus auf die Elektromobilität mit verursacht zu haben. Zwar stimme er zu, dass E-Autos in entfernter Zukunft der Hauptantrieb in der individuellen Mobilität sein werden, "weil es einfach kaum einen effizienteren Weg gibt". Wann und wie sich E-Autos durchsetzen, könne aber nicht die Politik entscheiden. 

"Man kann Elektromobilität nicht verordnen. Man muss sie ermöglichen und anreizen, aber verordnen kann man sie eben nicht", sagte Lechner. Entscheidend seien nicht die Antriebe, sondern die Kraftstoffe. "Wenn der Strom nicht grün ist, hilft auch der beste Akku nichts."

Lies' Ansatz, zur Erreichung der Klimaziele auch E-Fuels und Biokraftstoffe heranzuziehen, finde er grundsätzlich okay, sagte Lechner. Angesichts des bisher stockenden Hochlaufs der E-Mobilität werde es dann aber "eine ganze Menge an synthetischem und Biokraftstoff sein, den wir für diese Beimischung brauchen". Das verschweige Lies.

AfD: "Sie zerstören die Automobilindustrie"

Auch der AfD-Abgeordnete Jürgen Pastewsky kritisierte, der Markt lasse sich nicht vorschreiben, welche Fahrzeuge er zu kaufen habe. Die Verkehrswende erklärte er für gescheitert. "Sie zerstören die Automobilindustrie. Sie ruinieren die industrielle Basis unseres Bundeslandes", warf er der Regierung vor.

Grünen-Fraktionschef Detlev Schulz-Hendel nannte es indes rückwärtsgewandt, am Verbrennungsmotor festhalten zu wollen. Vielmehr dürfe es Niedersachsen mit Volkswagen nicht zulassen, dass andere Weltregionen bei der klimafreundlichen Mobilität einen Vorsprung erreichen.

dpa