Erstmals in diesem Jahr gilt in Niedersachsen eine kreisweite Stallpflicht: Nach einem bestätigten Nachweis der Vogelgrippe hat der Landkreis Gifhorn eine sofortige Stallpflicht für Geflügel erlassen. Die Maßnahme tritt ab Samstag in Kraft und gilt zunächst auf unbestimmte Zeit für den gesamten Landkreis, wie die Verwaltung mitteilte. Das Friedrich-Löffler-Institut habe zuvor entsprechenden Befunde übermittelt.
Die Stallpflicht betrifft nach Angaben der Behörde sowohl private als auch gewerbliche Tierhaltungen. Bereits am Donnerstag hatte die Verwaltung mitgeteilt, dass bei einem in Wasbüttel gefundenen Kranich der Verdacht auf Geflügelpest bestehe.
Weitere Landkreise betroffen
Auch im Landkreis Nienburg ist die Geflügelpest angekommen: Das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat neun Kraniche und eine Graugans positiv auf das Virus getestet, wie der Landkreis mitteilte. Eine offizielle Bestätigung durch das Friedrich-Loeffler-Institut steht noch aus. Es sei sehr wahrscheinlich, dass in der kommenden Woche eine Stallpflicht und eine Leinenpflicht für Hunde angeordnet werde.
Im Landkreis Göttingen wurde das Virus ebenfalls bei einem toten Kranich nachgewiesen. Eine offizielle Bestätigung steht auch hier noch aus. Die Kreisverwaltung prüft nun, ob weitere Schutzmaßnahmen erforderlich sind.
Der Landkreis Vechta meldete ebenfalls einen ersten Fall. Bei einem verendeten Kranich, der im Goldenstedter Moor aufgefunden wurde, sei das Virus nachgewiesen, teilte der Landkreis mit. Noch sei es aber nicht zu einem Ausbruch innerhalb eines Geflügelbetriebes gekommen, sagte Landrat Tobias Gerdesmeyer laut Mitteilung. Aus diesem Grund seien vorerst auch keine weiteren tierseuchenrechtlichen Maßnahmen, wie beispielsweise das Einrichten einer Sperrzone, zu ergreifen.
Land mahnt zu Vorsicht
Ob eine Stallpflicht nötig ist, entscheiden die Landkreise nach einer eigenen Risikobewertung, wie das Agrarministerium mitteilte. Einige Kreise hätten diese Bewertung bereits vorgenommen, sie könne sich jedoch täglich ändern. Eine kreisweite Stallpflicht hatte es laut Ministerium zuletzt im Ausbruchsgeschehen 2021/22 gegeben. Niedersachsen selbst könne seit 2014 keine landesweite Stallpflicht mehr verhängen.
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Das Ministerium appelliert an alle Halterinnen und Halter, die Sicherheitsvorgaben ernst zu nehmen. "Das Gebot der Stunde ist Biosicherheit", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Eine Stallpflicht sei nur eine von mehreren Möglichkeiten, das Virus einzudämmen. Die Landkreise könnten auch andere Maßnahmen ergreifen – etwa Einschränkungen beim Transport oder zusätzliche Hygienevorgaben.
"Wir betrachten die Lage natürlich mit einer gewissen Ernsthaftigkeit, weil wir in Niedersachsen als Tierhaltungsland ganz besonders betroffen sein könnten", sagte die Sprecherin. Man arbeite seit Jahren daran, die Geflügelpest einzudämmen, wirtschaftliche Verluste zu begrenzen und Tierleid zu vermeiden.
Ministerium warnt vor verendeten Wildvögeln
Agrar-Staatssekretärin Frauke Patzke mahnte zur Vorsicht. Kranke und verendete Wildvögel sollten nicht angefasst werden, "der Kontakt von Hunden und Katzen zu diesen Tieren sollte vermieden werden", so Patzke in einer Mitteilung. Denn auch Katzen könnten an dem Virus erkranken.
Wildvögel, die auffällige Symptome wie Kopfkreisen, einseitiger Flügelschlag oder Fluchtunfähigkeit zeigen, sollten nicht angefasst oder sogar mitgenommen werden. "Tote Wildvögel sollten den örtlich zuständigen kommunalen Veterinärämtern mitgeteilt werden, damit diese die Untersuchung der Tiere veranlassen können."
Fünf Ausbrüche im Oktober
Im Oktober wurden nach Angaben des Ministeriums bislang fünf Ausbrüche festgestellt: vier in Stallhaltungen im Landkreis Cloppenburg und einer in einem Freilandbetrieb im Landkreis Diepholz. Damit steigt die Zahl im laufenden Jahr auf 14. Am vergangenen Mittwoch sprach das Ministerium von mehr als 100.000 betroffenen Tieren.
Von einem sprunghaften Anstieg könne aber keine Rede sein, sagte die Sprecherin. Als Vergleich nannte sie das Jahr 2022. Im Oktober 2022 seien zehn Ausbrüche registriert worden, im gesamten Jahr 47.
Austausch mit Bundesministerium "kein Krisengipfel"
Als Ursache gelten laut Ministerium derzeit vor allem Zugvögel. "Das heißt, wenn die Wildvögel Niedersachsen passiert haben, dass die Zahlen dann auch wieder zurückgehen", hieß es.
Am Donnerstagabend habe es zudem einen Austausch mit dem Bundesagrarministerium gegeben. Dabei sei es darum gegangen, den aktuellen Stand aus den Ländern zusammenzutragen und ein Gesamtbild zu erhalten. "Das war kein Krisengipfel", stellte die Sprecherin klar.
Wie gefährlich ist die Geflügelpest für Menschen?
Das Virus ist bei hoher Infektionsdosis prinzipiell auch auf den Menschen übertragbar. In Deutschland ist dem Robert Koch-Institut zufolge noch kein H5N1-Fall bei einem Menschen bekanntgeworden, eine Erkrankung könnte den Angaben zufolge aber schwer verlaufen. Laut dem zuständigen Friedrich-Loeffler-Institut besteht für die Bevölkerung jedoch derzeit kein besonderes Risiko für schwerwiegende Erkrankungen.