Mehr als 1,6 Millionen bestätigte Infektionen und fast 100.000 Tote – die Coronavirus-Pandemie schlägt in den Vereinigten Staaten mit voller Wucht zu, sorgt für Leid und Sterben. Das Land ist weltweit trauriger Spitzenreiter, was die Zahl der Infektionen angeht.
Dass dahinter traurige menschliche Schicksale stehen, demonstriert die "New York Times" eindrucksvoll. Die renommierte Zeitung widmet ihre Titelseite an diesem Sonntag den US-amerikanischen Todesopfern der Pandemie. Dort und im Innenteil führt die Redaktion die Namen aus veröffentlichten Nachrufen und jeweils ein persönlicher Satz zu 1000 der fast 100.000 Toten auf – keine Fotos, keine anderen Nachrichten stehen auf Seite eins. "Ein unermesslicher Verlust", schreibt die Zeitung. "Keiner von ihnen war bloß eine Zahl."
Unter den aufgeführten Toten finden sich Menschen aller Altersklassen, fünf Beispiele:
- José Diaz-Ayala, 38, Palm Beach, Florida, diente 14 Jahre lang dem Palm Beach County Sheriff's Office
- Jennifer Robin Arnold, 67, New York City, Kostümbildnerin am Broadway
- Harry P. Misthos, 87, San Francisco Bay Area, Kalifornien, liebte das Meer, das Schwimmen und Bootfahren
- Eugene Lamar Limbrick, 41, Colorado Springs, liebte Autos, insbesondere Lastwagen
- Dante Dennis Flagello, 62, Rome, Georgia, seine größte Errungenschaft war die Beziehung mit seiner Frau
"New York Times"-Titelseite seit 40 Jahren
Es sei das erste Mal seit mindestens 40 Jahren, dass die "New York Times" kein Foto auf dem Titelblatt gedruckt hat, erzählt ein Grafiker des Blatts. Ressortleiter Marc Lacey ergänzt: "Ich wollte etwas, auf das die Menschen noch in hundert Jahren zurückblicken, um das Ausmaß zu verstehen, das wir gerade durchleben", erklärte Ressortleiter Marc Lacey.
Während die USA auf die Marke von 100.000 Coronavirus-Toten zusteuern, die "New York Times"-Titelseite unzählige Menschen bewegt, indem sie das Ausmaß der Pandamie in den Vereinigten Staaten ansatzweise verdeutlicht, steht Präsident Donald Trump wegen seines Agierens in der Krise weiter in der Kritik. Trump hat am Wochenende erstmals seit Anfang März wieder zum Golfschläger gegriffen. Den Samstag verbrachte er vorwiegend auf seinem "Virginia Golf Club", wie unter anderem die Nachrichtenagentur AFP meldet. Im Gegensatz zu den anwesenden Sicherheitsbeamten trugen weder der Präsident noch seine drei Golf-Partner dabei einen Mund-Nase-Schutz, wie der US-Nachrichtensender CNN berichtet.
Trump, der auf seine Wiederwahl im November hofft, drängt angesichts massiver Arbeitsplatzplatzverluste in der Krise auf eine weitere Öffnung des Landes. "Übergang zur Großartigkeit", twitterte Trump am Samstagabend seinen Slogan für das von ihm angestrebte Wiederhochfahren des Landes.
Viele Kommentatoren verwiesen auf die Unstimmigkeit zwischen der hohen Opferzahl und dem Tweet des Präsidenten. George Conway, ein Trump-Kritiker und Ehemann von Trump-Beraterin Kellyanne Conway, teilt bei Twitter am Samstag die "NYT"-Titelseite neben einem Foto, das Trump beim Golfspiel zeigt.
Quellen: Johns-Hopkins-Universität, "New York Times", CNN, Tweet George Conway, Nachrichtenagenturen AFP und DPA