Die neue Phase der Pandemie in Deutschland begann ausgerechnet zu Weihnachten. An Heiligabend war die ansteckendere britische Coronavirus-Variante mit der Abkürzung B.1.1.7 erstmals in Deutschland nachgewiesen worden. Nun zeigt ein neuer Bericht des Robert Koch-Instituts: Innerhalb von nur drei Monaten hat sie die Ursprungsvariante des Virus hierzulande weitgehend verdrängt. Der Anteil der britischen Mutante beträgt derzeit 93 Prozent. Die Angabe bezieht sich auf 54.361 Proben aus dem Zeitraum vom 12. bis 18. April.
Die schnelle, flächendeckende Ausbreitung der britischen Mutante ist eine der Ursachen für die fortwährenden Verlängerungen des Lockdowns, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholt erklärte. Die Mutante sei "ein neues Virus mit ganz anderen Eigenschaften", unter anderem einer längeren und höheren Infektiösität. Der britischen Gesundheitsbehörde PHE zufolge liegt die Infektionswahrscheinlichkeit bei B.1.1.7 um 25 bis 40 Prozent höher als bei der ursprünglichen Version. Ob das Virus auch schwerere Krankheitsverläufe hervorruft, ist umstritten. Zuletzt berichteten Forschende in den Fachmagazinen "The Lancet Infectious Diseases" und "The Lancet Public Health", dass es keine Hinweise auf eine höhere Tödlichkeit gebe.
Alle in Deutschland verfügbaren Impfstoffe schützen nach RKI-Angaben jedoch sehr gut vor einer Erkrankung durch B.1.1.7 und auch vor schweren Erkrankungen durch zwei andere Varianten.
Brasilianische Mutante bislang sehr selten
Die zwei anderen Virusvarianten spielen laut RKI derzeit in Deutschland kaum eine Rolle: Die vor allem in Südafrika verbreitete Variante B.1.351 ist hierzulande mit 0,6 Prozent (339 nachgewiesene Proben) sehr selten vertreten. Die stark in Brasilien zirkulierende Variante P.1 wurde nur vereinzelt (46 Proben oder 0,1 Prozent) festgestellt.
Bei beiden Varianten deuten Studien darauf hin, dass sowohl Genesene als auch Geimpfte weniger gut vor einer Infektion geschützt sind, weil die Wirkung der Antikörper des Immunsystems vermindert wird.
Indische Variante sorgt für Aufsehen
Die oben gezeigte Grafik verdeutlicht, wie schnell sich eine neue Virus-Variante trotz bestehender Eindämmungsmaßnahmen durchsetzen kann. Derzeit sorgt unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit eine aus Indien bekannte Coronavirus-Variante für Aufsehen. Dort sind die Fallzahlen mit zuletzt fast 315.000 Neuinfektionen pro Tag regelrecht emporgeschossen. Welchen Anteil daran die neue Variante B1.617 hat, ist derzeit noch unklar.

Sicher ist nur: Die Variante trägt gleich zwei Mutationen an einem Oberflächenprotein, die mit einer geringeren Neutralisierbarkeit durch Antikörper oder T-Zellen in Verbindung gebracht werden. Heißt: Womöglich sind auch bei dieser Variante sowohl Genesene wie auch Geimpfte weniger gut geschützt. "Außerdem gibt es Hinweise, dass diese Mutationen die Übertragbarkeit der Variante erhöhen", schreibt das RKI in seinem aktualisierten Bericht zu Virusvarianten von Sars-CoV-2 in Deutschland. Für endgültige Aussagen fehlt aber bislang die Datenbasis.
Bislang ist B.1.617 außerhalb Indiens noch sehr gering verbreitet. In Großbritannien trat es mit 77 nachgewiesenen Fällen bislang nur vereinzelt auf. In Deutschland wurden bislang 21 Infektionen mit dieser Coronavirus-Variante bestätigt, wie das RKI nun bekanntgab.
Quelle: RKI