Die Zahl der Todesfälle durch Ehec in Deutschland hat sich weiter erhöht. Am frühen Morgen erlag eine 87-jährige Frau in einem Paderborner Krankenhaus der Infektion mit dem aggressiven Darmbakterium Ehec. Nach Angaben der Kreisverwaltung war die auch an Vorerkrankungen leidende Frau seit dem 23. Mai wegen schweren Durchfalls stationär behandelt worden.
Das sogenannte hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) sei nicht nachgewiesen worden. HUS kann durch Ehec-Erreger ausgelöst werden und zu Nierenversagen führen. In dem Bundesland war am Montag eine 47-Jährige im Kreis Gütersloh und bereits am Sonntag eine 91-Jährige in Paderborn an der Durchfallerkrankung mit HUS gestorben. Damit sind bundesweit 15 Todesfälle durch Ehec nachgewiesen. In 13 der Fälle handelt es sich um Frauen.
Erster Todesfall außerhalb Deutschlands
Offenbar ist erstmals ein Mensch außerhalb Deutschlands an Ehec gestorben. Im Südwesten Schwedens sei am Dienstag eine etwa 50-jährige Frau, die sich offenbar in Deutschland mit dem aggressiven Erreger infiziert habe, gestorben, teilte das behandelnde Krankenhaus mit.
Erster Ehec-Verdachtsfall in Spanien
Inzwischen ist auch in Spanien ein erster Ehec-Verdachtsfall aufgetreten. Der erkrankte Mann sei zuvor in Deutschland gewesen, teilte die Gesundheitsbehörde im Baskenland mit. Der 40-Jährige liege mit Symptomen der Darmkrankheit auf der Intensivstation eines Krankenhauses in der nordspanischen Küstenstadt San Sebastián. Der Mann sei am 20. Mai von einer Reise durch Deutschland und andere mitteleuropäische Staaten nach Spanien zurückgekehrt. Sein Zustand sei ernst, hieß es. Bislang hatte es in Spanien keinen Fall einer Ehec-Infektion gegeben.
Schnelltest weißt Ehec auf Gemüse nach
Der neue Ehec-Schnelltest kann den gefährlichen Krankheitserreger nach Angaben der Entwickler auch auf Gemüse nachweisen. Das sagte ein Sprecher des Universitätsklinikums Münster. "Dieses Testprotokoll steht natürlich auch den entsprechenden Stellen für Lebensmittelüberwachung zur Verfügung, so dass es auch dort eingesetzt werden kann." Nötig sei jedoch ein spezielles molekularbiologisches Labor. "Das ist jetzt nicht so ein Test, mit dem man über den Markt gehen kann und hier etwas dranhalten kann wie bei einem Schwangerschaftsstreifen."
Am Montagabend hatte das Uniklinikum den Durchbruch bei der Entwicklung des Schnelltests gemeldet. "Es ist ein Werkzeug für die Suche nach der Quelle, das zur Verfügung steht", sagte der Sprecher. Es sei speziell für den aktuellen Stamm HUSEC041 zugeschnitten. Wie sehr der Schnelltest die Suche nach dem Ursprung der Infektion beschleunigen kann, müssten zuständige Behörden beurteilen.
Der Ehec-Keim
"Ehec" ist eine Abkürzung für Enterohämorrhagische Escherichia coli, eine gefährliche Variante der eigentlich harmlosen Kolibakterien. Bei Ehec handelt es sich um ein Darmbakterium mit der Eigenschaft, bestimmte Zellgifte, sogenannte Shigatoxine, zu produzieren, die bei Menschen schwere Erkrankungen auslösen können. Möglich sind etwa blutige Durchfälle oder als Komplikation das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das ein Nierenversagen verursachen kann. Es gibt Hunderte verschiedener Ehec-Stämme. Den aktuellen Erreger haben die Forscher des Instituts für Hygiene am Universitätsklinikum Münster identifiziert: „Es handelt sich um einen Vertreter des Typs ‚HUSEC 41’ des Sequenztyps ST678", sagt Institutsdirektor Helge Karch. Der extrem seltene Erreger wird auch Serotyp O104:H4 genannt. Als Serotypen werden verschiedene Varianten eines Bakteriums bezeichnet. Das O beschreibt hierbei die Oberflächenstruktur des Erregers, und das H steht für verschiedene Geißel-Antigene, mit denen das Bakterium sich fortbewegt. „Bei Ehec gibt es 186 O-Antigene und 53 H-Antigene, die in jeglicher Kombination auftreten können", sagt Mikrobiologe Lothar Beutin, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Escherichia coli am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Somit gebe es zahlreiche Serotypen.
Zuvor hatte sich der Direktor des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) kritisch zu dem Schnelltest geäußert. Er werde "kurzfristig nicht so sehr viel helfen", sagte Jörg Debatin im ZDF-"Morgenmagazin", da im Augenblick alle Patienten im UKE mit Krämpfen im Bauchbereich und blutigen Durchfällen ausnahmslos mit dem Darmkeim Ehec infiziert seien. "Insofern brauchen wir diesbezüglich keinen Schnelltest." Der Test werde aber sicherlich langfristig helfen, "vielleicht bei weiteren Epidemien dieser Art".
Spanische Agrarministerin fordert Entschädigungen
Spaniens Gemüse sei "sicher", sagte die spanische Agrarministerin Rosa Aguilar bei einem Treffen mit EU-Kollegen im ungarischen Debrecen. Ihr Land wolle auf EU-Ebene Entschädigungen für alle europäischen Landwirte verlangen, die wegen Ehec Verluste haben. Die Ursache der Infektionen solle man in Deutschland suchen, nicht in Spanien. Unterstellungen, nach denen die Krankheit durch Gurken aus Spanien übertragen werde, richteten bei den dortigen Produzenten einen Schaden von wöchentlich 200 Millionen Euro an.
Deutschland müsse so schnell wie möglich die Ursache der Infektionen klären, sagte die Ministerin. "Wir sind enttäuscht von der Art, wie Deutschland mit dieser Krise umgegangen ist." Dass die Ursache nicht in Spanien liegen könne, werde auch dadurch deutlich, dass dort niemand an Ehec erkrankt sei. Es gebe lediglich zwei infizierte Spanier, diese hätten sich die Infektion aber bei einer Reise in Deutschland zugezogen, sagte Aguilar.