13,9 Millionen Infektionen, fast 400.000 Tote: Brasilien ist durch die Corona-Pandemie so gebeutelt wie kaum ein anderes Land weltweit. Hinzu kommt die dort besonders verbreitete Variante Mutante P1. Die steht nicht nur in Verdacht, Immunitäten gegen das Virus umgehen zu können, sondern gilt auch als extrem aggressiv. Und sie scheint auch besonders gefährlich für eine ohnehin schon anfällige Personengruppe zu sein: schwangere Frauen.
Das brasilianische Gesundheitsministerium entschied sich laut CNN daher zu einem ungewöhnlichen Schritt. "Wenn möglich, sollten Schwangerschaften auf einen besseren Zeitpunkt verschoben werden, um eine friedlichere Schwangerschaft ermöglichen zu können", appellierte Gesundheitsminister Raphael Camara am Freitag auf einer Pressekonferenz. "Wir können das natürlich nicht von Frauen verlangen, die 42 oder 43 Jahre alt sind. Aber jüngere Frauen, denen es möglich ist, sollten im besten Fall eine Weile abwarten."

Corona-Mutante P1: Besonders gefährlich für Schwangere
Der Grund sei der Verdacht, dass die in Brasilien verbreitete Mutante P1 bei schwangeren Frauen noch gefährlicher sei als sie es ohnehin schon ist, erklärte der Minister. "Wir haben aktuell noch keine nationalen oder internationalen Studien dazu. Aber die klinischen Untersuchungen unserer Experten deuten darauf hin, dass sie bei schwangeren besonders aggressiv wirkt", erklärte er die Vorsichtsmaßname. "Bislang glaubten wir, die Schwere der Verläufe hingen mit dem Ende der Schwangerschaft zusammen. Aber jetzt sehen wir auch ernstere Entwicklungen im zweiten oder sogar im ersten Drittel der Schwangerschaft."
Schwangere Frauen sind auch deshalb besonders gefährdet, weil es bislang keine belastbaren Untersuchungen zur Verträglichkeit der verfügbaren Impfstoffe für sie gibt. In Deutschland werden schwangere Frauen deshalb aus Sicherheitsgründen nicht geimpft. Um die Infektionsgefahr zu senken, können aber enge Kontaktpersonen wie ihre Partner geimpft werden. In England hat die Impfkommission dagegen auch schon Impfstoffe von Moderna und Biontech für Schwangere zugelassen – vorläufig. "Die Daten weisen aktuell keine Anzeichen für eine Unverträglichkeit auf", erklärte die dortige Impfkommission am Freitag.
Dass sich die Lage in Brasilien in nächster Zeit bessern könnte, erscheint indes als unwahrscheinlich. Das P1-Virus scheint dafür verantwortlich, dass sich in einigen Städten wie Manaus manche Menschen schon zum dritten Mal infiziert haben (sehen Sie hier die große stern-Reportage aus dem Hotspot). Gleichzeitig sorgt das politische Chaos in dem Land dafür, dass sich die Situation noch weiter verschlechtert, fürchten Experten der Universität Harvard in einem gerade in der Fachzeitschrift "Science" erschienenen Artikel.