Als Alf Igel seriös wurde Als Alf Igel seriös wurde Mit Metzgerweisheit zum Eurovisions-Sieg

Musikalische Qualität statt Krawalle: Mit dieser Formel hat sich Stefan Raab einen Namen als neuer deutscher Vater des Eurovision Song Contest gemacht. Ein Portrait.

Den Altmeister des Grand Prix d'Eurovision, Produzent Ralph Siegel, karrikierte er einst als "Alf Igel". Nun schickt sich Stefan Raab selbst an, Deutschlands Dauerbrenner beim inzwischen in Eurovision Song Contest (ESC) umgetauften Wettbewerb zu werden. Raab war schon einmal als Sänger und zweimal als Produzent beim ESC. Sollte nun seine 19 Jahre alte Entdeckung Lena Meyer-Landrut in Oslo zünden, hätte Raab sich wie 1982 Ralph Siegel mit dem Sieg von Nicole selbst ein Denkmal errichtet.

Wie Raabs Bedeutung für das deutsche Fernsehen inzwischen einzuschätzen ist, brachte ProSiebenSat.1-Fernsehvorstand Andreas Bartels vergangene Woche auf den Punkt, als bekannt wurde, dass Raab auch nächstes Jahr den deutschen ESC-Teilnehmer suchen wird. Der 43-Jährige sei der "innovativste Fernsehmacher dieser Zeit". Diese Einordnung ist schwer zu bestreiten: Während Fernsehgrößen wie Thomas Gottschalk, Günter Jauch oder Harald Schmidt vor allem ihre alten Schollen beackern, erkundet Raab immer wieder Neuland. Er macht es meistens ausgesprochen fruchtbar.

"König Midas der Unterhaltungsbranche" wird Raab deshalb in Anspielung auf den sagenhaften König genannt, bei dem alles, was er anfasste, zu Gold wurde. Dabei ist offensichtlich, dass auch bei dem am 20. Oktober 1966 in Köln geborenen Entertainer einfaches Handauflegen nicht reicht, sondern harte Arbeit nötig ist. Der Sohn eines Metzger-Ehepaares hat von seinen Eltern dazu eine Weisheit mit auf den Weg bekommen: "Als mein Vater in Köln-Sülz seine Metzgerei eröffnen wollte, gab's schon fünf oder sechs in der Straße. Papa Raab wusste: Macht er die beste Wurst, wird sein Laden funktionieren", sagte Raab einmal dem "Spiegel".

Raab junior hat es nach der eigenen Gesellenprüfung zum Metzger und einem abgebrochenen Jurastudium geschafft, dass in der von Unterhaltungsformaten strotzenden Fernsehwelt die Kunden in seinem Laden Schlange stehen. Während sein Dauerbrenner "TV total" von einer recht kleinen, aber treuen Fangemeinde verfolgt wird, hat Raab Formate wie die "Wok-Weltmeisterschaft" und vor allem das als Sendeformat international erfolgreiche "Schlag den Raab" als Shows für die ganze Familie etabliert.

Eher zufällig war Raab 1993 für den Musiksender Viva als Moderator entdeckt worden. Schnell wurde Raab mit "Vivasion" einer der neuen Helden des Privatfernsehens. "Anfangs habe ich auch ein bisschen auf die Kacke gehauen", beschreibt er beschönigend seine von Beleidigungen strotzenden Auftritte. Raabs Beleidigungen waren kalkulierte Provokation. Nur mit "spektakulären Aktionen" sei Viva über seine Zielgruppe hinaus bekannt geworden.

Mit seiner wachsenden Bekanntheit landete Raab wachsende Erfolge. Außer als Moderator auch als Sänger mit Ulk-Hits wie "Böörti Böörti Vogts" 1994 über den damaligen Bundestrainer Berti Vogts oder 2000 mit "Ho mir ma ne Flasche Bier" mit einem Zitat des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder.

Doch Raabs große Liebe ist der ESC. Wie als Entertainer vollzog Raab auch hier über die Jahre einen Wandel vom Klamaukkönig zum seriösen Künstler: 1998 hievte er als Produzent "Alf Igel" Schlagersänger Guildo Horn mit "Guildo hat euch lieb" auf Platz sieben des ESC, Raab selbst holte mit dem Nonsens-Titel "Wadde hadde dudde da?" im Jahr 2000 sogar Platz fünf.

Aber schon 2004 zeigte Raab mit dem von ihm entdeckten, am Ende achtplatzierten Sänger Max Mutzke seine wachsende Ernsthaftigkeit. Als Raab in diesem Jahr in seine Casting-Show "Unser Star für Oslo" startete, war nichts mehr vom früheren Krawall-Moderator übrig. In der von den Zuschauern zunächst auch wegen fehlender Skandale à la "Deutschland sucht den Superstar" zurückhaltend aufgenommenen Show stellte er die Musik ins Zentrum. Mit Erfolg: Lena Meyer-Landrut ist inzwischen eine der beliebtesten Künstlerinnen in Deutschland - zur Vollendung des Werks ihres Entdeckers müsste sie nun noch in Oslo gewinnen.

AFP
Ralf Isermann, AFP

PRODUKTE & TIPPS