Annemarie aus Dessau weiß Bescheid. Wenn man groß rauskommen will, lautet ihr Credo, muss man sexy sein. Deswegen sei man noch lange keine "Pornonutte". Natürlich nicht. Und: "Ich würde mir nie ein Dekolleté anziehen, wo oben die Glocken rausfallen." Nie. Sprach's, bestieg die Bühne und riss sich zu ihrer Karaokeversion von Britney Spears' "Baby One More Time" die Kleider vom Leib, dass die Glocken bis nach Rom läuteten. Die Striptease-Nummer gefiel. Dieter Bohlen bescheinigte der 18-Jährigen eine bessere Figur als "Britney Presswurst". Doch hinter den Kulissen rumorte es. Vanessa hatte behauptet, sie habe als erste die Idee zum Blankziehen gehabt, und einen Tag vor der ersten Mottoshow beleidigt ihre Schlüpfer gepackt. Annemarie zur Causa Copyright: "Da ist nichts dran, das schwöre ich beim Leben meiner Eltern." Die saßen im Publikum und wurden ganz bleich. Mussten sie jetzt vor laufender Kamera sterben?
"DSDS" hat sein erstes Skandälchen. Vanessa Civiello verließ freiwillig die Luxusvilla in Bergisch-Gladbach ("Die Show ist zu hart für mich, hier wird mit allen Mitteln gekämpft"), Michelle Bowers rückte nach und durfte nach dem gestrigen Votum der Zuschauer gleich wieder gehen. Keiner wird sie vermissen. Doch wen würde man überhaupt vermissen von den zehn Kandidaten, die sich unter dem Motto "Greatest Hits" die Stimmbänder verbogen? Das blonde Boxenluder Annemarie auf keinen Fall, ihr wird man ohnehin demnächst beim Durchblättern eines Männermagazins wiederbegegnen. Auch den vom Juroren-Trio hochgelobten Daniel Schuhmacher nicht, der "If You Don‘t Know Me" von "Simply Red" gesanglich perfekt präsentierte, im Auftreten aber völlig verloren wirkt. Marc Jentzen? Ein smarter Verkäufer ohne Kanten, in der "DSDS"-Gefühlsdramaturgie vielleicht noch zu gebrauchen als angehender Lover von Sarah Kreuz. Oder den Mädchenschwarm Dominik Büchele? Der ist besser aufgehoben in einer Schülerband - als "der kleine Süße mit den Locken" (Moderator Marco Schreyl).
Da entgleisen schon mal die Gesichtszüge
Einzig Vanessa Neigert sticht heraus, die sich mit einer halsbrecherischen Gesangsperformance durch Marianne Rosenbergs "Er gehört zu mir" charmierte und währenddessen und danach wunderbar schrullig ihre Gesichtszüge entgleisen ließ. Und natürlich "Mr. Entertainment" Holger Göpfert. Der hatte vergangene Woche ein Date mit der TV-Moderatorin Miriam Wimmer, die er scheinbar heiß und innig liebt, und legte einen denkwürdigen Rosenkavalier-Slapstick hin. In der Show dann wackelte er zu "The Great Pretender" von Freddy Mercury wie ein hospitalisierender Pinguin über die Bühne. Ein Wahnsinniger zweifelsohne, aber mit einigem Unterhaltungswert. Das bemerkte auch die Jury, die ihren gewohnten Pfad der Platitüden verließ und zu so etwas wie Bildeinfällen fand. Volker Neumüller sah einen "Walddorfschüler, der seinen Namen tanzt", Bohlen einen "afrikanischen Paarungstanz, als hättest du zu viel an den Schlüpfern von Miriam Wimmer geschnüffelt". In Tötensen sagt man solche Sachen, wenn man sich gut findet.
Ansonsten hielt sich Bohlen merklich zurück. Er wird mehr und mehr zum Vater Abraham, der seine Hand über die singenden Schlümpfe hält. Seine Kritik ist zumeist konstruktiv, sein Lob oft über die Maßen. Kein Wunder, er hat die übriggebliebenen Superstars in spe selbst gecastet. Lediglich Benny Kieckhäben, der schwule Friseur-Azubi aus Worms ("Ersch komm isch") bekam den geballten Frust des 55-Jährigen zu spüren. So viel Gift und Galle verspritzt er normalerweise nur in den Vorrunden beim Nahkampf mit den Obernieten. Als Benny seinen in der Tat unterirdischen Part zu Ende gebracht hatte, verglich ihn Bohlen mit einem "Ferrari, in den man hinten Milch reingeschüttet hat." Erster Treffer. Kanonade, Teil zwei: "Du erinnerst mich an einen Schnappkarpfen mit Haarteil." Schiff versenkt. Benny biss sich auf die Zähne und bedankte sich für die "ehrliche Kritik". Seine Tage in Bergisch-Gladbach sind gezählt. Vielleicht sollte er nächsten Samstag einfach blank ziehen.
