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Jauch, Will, Plasberg, Beckmann und Maischberger Bei der ARD darf debattiert werden

Talk, Talk, Talk: Die ARD erhofft sich von der neuen Strecke mit fünf Abendtalkshows zwischen Sonntag und Donnerstag Imagegewinn und gute Marktanteile. Sandra Maischberger steigt zum Auftakt in die Bütt.

Der Start der ARD-Talkmaster in den Herbst ist eher unspektakulär: An diesem Dienstag (22.45 Uhr) nimmt Sandra Maischberger als erste Rückkehrerin aus den Sommerferien auf ihrem Fernsehsessel Platz - zu gewohnter Stunde und auf dem bekannten Sendeplatz. Doch schon am Tag darauf ist nichts mehr so, wie es vorher einmal war: Jeder der anderen drei ARD-Talker muss sich an einen neuen Ausstrahlungstag gewöhnen, bis der neue Hoffnungsträger seinen Auftritt hat.

Wildes Umziehen

Und das ist der Moderator und Produzent Günther Jauch, 55, der auch weiterhin bei RTL die populäre Quizshow "Wer wird Millionär?" moderiert. Er wird am 11. September, zwölf Tage nach dem offiziellen Herbsttalkstart, erstmals in der ARD zum Gespräch bitten - schlichter Titel: "Günther Jauch" (21.45 Uhr).

Vorher muss sich noch seine Vorgängerin Anne Will ("Anne Will"), die von Sonntag auf Mittwoch umzieht und jetzt am 31. August (22.45 Uhr) startet, an ihre neue Umgebung im Programm gewöhnen. Das gilt auch für Reinhold Beckmann ("Beckmann"), der von Montag auf Donnerstag ausweicht (22.45 Uhr) und am 1. September loslegt, sowie für Frank Plasberg ("Hart aber fair"), der von Mittwoch auf Montag vorrückt und auf diesem Sendeplatz am 5. September (21.00 Uhr) debütiert.

Bühne frei für die "Kontroverse Debattenkultur"

ARD-Programmdirektor Volker Herres vertritt die Auffassung, die steigenden Zuschauerzahlen, die die ARD-Talkformate seit längerem registrierten, zeigten, dass "sie als adäquates Forum für politische gesellschaftliche, wirtschaftliche oder soziale Inhalte vom Publikum wahrgenommen werden", wie er in einem Vorwort für den ARD-Pressedienst zum Thema Talk schrieb. "Da lag es nahe, diese Vermittlungsform im Programm zu stärken. Ein Gesprächsformat im Ersten schafft dem demokratischen Meinungsaustausch und der kontroversen Debattenkultur nun zusätzlichen Raum."

Die Programmentscheidung der ARD-Strategen löste jedoch in der Öffentlichkeit einige Kritik aus. "Absurd" nannte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in einem Gespräch mit Bernd Gäbler, dem ehemaligen Direktor des Adolf-Grimme-Instituts, die ARD-Strategie. Gäbler, Autor des Buchs "...und unseren täglichen Talk gib uns heute", kritisierte, dass wichtige gesellschaftliche Akteure in den TV-Talks fast gar nicht vorkämen - wie zum Beispiel Dax-Vorstände. Meist diskutierten Menschen, die man aus dem Fernsehen schon kenne. Neues werde nicht entdeckt.

Kritik von allen Seiten

Kurz nach Erscheinen von Gäblers Buch meldete sich auch ein Politiker zu Wort, der Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter (FDP). "Ich fordere die Programmverantwortlichen der Sender dringend auf, ihre sinnentleerte Polittalk-Clownerie aus dem Programm zu nehmen und auf einen Neustart mit Tiefgang zu setzen", zitierte ihn sein Büro in einer Mitteilung. Es finde keine ernsthafte, sachorientierte Auseinandersetzung in den Talks statt.

In den TV-Runden sitzen meist Politiker, auch welche von der FDP, aber nicht Lotter.

Auch Sabine Christiansen, Jauchs Vorvorgängerin, misstraut der Talkflut. "Zumindest im Bereich der gesellschaftspolitischen Talkshow denke ich, dass wir ein bisschen zu viel haben. Das ist schade, weil es sich damit etwas abnutzt", sagte sie in einem Interview, das die "Frankfurter Rundschau" und die "Berliner Zeitung" druckten. "Jetzt wird es allerdings etwas kritisch, weil es inflationär wird, bei fünf Talks in der ARD, Maybrit Illner und Markus Lanz im ZDF und dann kommen ja noch die Polit- und Personentalkshows in den Dritten Programmen hinzu."

Die Betroffenen nehmen ihre Versetzung auf neue Positionen mit gebotener Vorsicht hin. "Wir träumen von eineinhalb bis zwei Millionen", sagte Anne Will am Freitag über ihre Quotenwünsche. "Aber das ist schon ein ganz schönes Stück". Denn das Unterfangen sei auch riskant: "Die Zuschauer nehmen das Konzept nicht an und schalten ab oder sie sind nach drei Arbeitstagen müde und gehen früher ins Bett", erläuterte Will die Risiken. Kollege Beckmann nimmt die Versetzung mit Humor: Jauch habe den "Königsplatz des Talks" und "somit immer einen Mord im Vorlauf", sagte Beckmann dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Mehr geht nicht! Ich hingegen muss jedem Zuschauer eine Umzugskarte schicken. Das kostet Zeit."

Carsten Rave, DPA DPA

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