"Es ist mir egal, wer unter mir Bundeskanzler wird." Was ist schon wieder los? Wer hat das gesagt? Muss das sein? Markus Söder gab doch eben erst das "Ohne-Groll-Gelöbnis" ab. Das allerdings macht noch lange kein Kommunionskind aus ihm. Das Zitat allerdings ist nicht ihm anzulasten, sondern Franz Josef Strauß, der sich 1975 anlässlich der Bundestagswahl entsprechend äußerte. Andererseits ist bekannt, dass sich Söder als Jugendlicher nicht irgendwelche Popstar-Poster in sein Zimmer hängte, sondern eines mit dem Konterfei von Strauß und ihn seit je sein großes politisches Vorbild nennt.
Auch Friedrich Merz fiel bei "Maybrit Illner" eine Strauß-Parallele ein. Er denke an die Jahre 1979, 80, da habe Strauß immer wieder deutlich gemacht, er halte Kohl als Bundeskanzler für "völlig ungeeignet". Sind also Laschet und Söder sowas wie Kohl und Strauß reloaded? Oder hat das Schicksal noch etwas ganz anderes mit den beiden vor? Bei Illner lautete die Orakel-Frage: "Ohne Groll, ohne Basis – verliert die Union das Kanzleramt?"
Die Talkgäste in alphabetischer Reihenfolge:
- Dorothee Bär (CSU), stellvertretende Parteivorsitzende, Digitalstaatsministerin
- Markus Feldenkirchen, politischer Autor
- Claudia Kade, Journalistin
- Friedrich Merz (CDU), CDU-Direktkandidat
- Cem Özdemir (B'90/Die Grünen), Ex-Parteivorsitzender
"Es wird nicht über Inhalte gesprochen"
Hätte man besser auf Claudia Kade gehört, hätte es vielleicht eine gute Sendung werden können. Die Politikjournalistin gab zu bedenken: "Interessanterweise wird nicht über Inhalte gesprochen." Sie meinte damit, dass bei Debatten rund um die K-Frage die Personen viel zu sehr im Vordergrund stehen und nicht die Parteiprogramme. Grundsätzlich. Nicht nur im Illner-Talk. Und doch darf das auch als Kritik an der Moderatorin verstanden werden, denn Illner wollte lieber Klatsch-und Tratsch-Fragen behandelt wissen wie "Wer ist Kandidat der Herzen?" und untersuchte akribisch das Stichel-Potenzial von Söder, den Staatsmann-Faktor von Laschet und ob Baerbock mehr zu bieten hat als Frau zu sein.

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Merz verweigerte zwar Interpretationen und wich mehrmals mit "das ist irgendwann eine Frage für die Historiker" aus, aber seine Statements kamen dann doch deutlich. Laschet habe seinen "großen Respekt", weil er den Machtkampf in der Union durchgestanden habe, Söder würde ganz gewiss nicht klein beigeben und vom Zaun aus zusehen und bei Baerbock habe er so seine Zweifel, ob sie dieses Amt wirklich ausfüllen könne.
Er fügte an: "Das teile ich doch mit sehr vielen Leuten in diesem Land." Dann die volle Breitseite: "Sie sehen mit Angela Merkel: Es wird nicht allein nur wegen einer Frau alles besser." Merz kritisierte zudem: "Der CDU ist es nach drei großen Kanzlerschaften nicht gelungen, die Nachfolge im jeweiligen Parteivorsitz ordentlich zu regeln. Das muss besser werden."
An einem Strang ziehen? Nicht mit Bär
Die Rufe von Merz, man müsse, da nun entschieden sei, wer Kanzlerkandidat der Union ist, unbedingt an einem Strang ziehen, überhörte Dorothee Bär. Statt sich hinter Laschet zu stellen, gab sie erwartbar den Söder-Groupie und schwelgte in Konjunktiven: "Markus Söder wäre ein hervorragender Kanzler gewesen. Mit ihm hätten wir die Kanzlerschaft definitiv geholt." Und so ging es weiter und weiter, Söder sei "unheimlich beliebt", besonders bei den Wählerinnen käme er gut an. Und vielleicht wäre es ewig so weitergegangen, hätte nicht Cem Özdemir interveniert mit einem ironischen: "Und draußen stehen die begeisterten Massen." Bär solle das mal lassen: "Jetzt geht´s darum. Laschet zu unterstützen", erinnerte sie der Grünen-Politiker. Und warf ein: "Frau Bär, ich muss sie nicht coachen." Ein nächster, immerhin amüsanter, Ironie-Moment.

Özdemir selbst machte deutlich, dass es für ihn keine Frage sei, er stehe voll und ganz hinter der K-Kandidatin der Grünen. Allerdings habe er klare Erwartungen an Baerbock, sie müsse sich von Rot-Rot-Grün distanzieren und damit von denen, die mit Diktatoren "rumschwurbeln" - denn die Grünen seien die "Die-Hard-Europeans".
Bär gab noch das Versprechen: "Markus Söder wird alles dafür tun, dass die CSU in Bayern ein herausragendes Ergebnis einfahren wird." Schließlich hänge das eine vom anderen ab. Man könne nicht als Union den Kanzler stellen, wenn es in Bayern nicht das beste Ergebnis bundesweit gäbe. Ob sie dann Laschet in ihrem Wahlkreis plakatieren werde, wollte Illner von Bär wissen. "Nein, da hänge ich dann ehrlicherweise nur Plakate von mir auf", kam die prompte Antwort.