Das gab es seit Bestehen der Krimireihe noch nie: Aus Jugendschutz-Gründen hat die ARD eine "Tatort"-Folge ins Spätprogramm verbannt. Auf diese Weise kamen die Zuschauer am Sonntagabend in den Genuss von zwei neuen Fällen. Für die meisten war das offenbar nicht zu viel: Die Einschaltquoten waren herausragend. Während 9,37 Millionen Menschen (25,3 Prozent Marktanteil) den vorletzten Fall des Frankfurter Kommissars Frank Steier (Joachim Król) sehen wollten, saßen nach 22 Uhr immer noch 7,32 Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen, um die im Vorfeld vieldiskutierte Kölner Folge "Franziska" anzuschauen. Das entsprach einem Marktanteil von 27,0 Prozent.
Doch welcher "Tatort" war besser? Wir haben die wichtigsten Kritiken ausgewertet:
"Spiegel-Online"
Frankfurt: "Ein schön schmuddeliges B-Movie, bei dem nur die junge Alwara Höfels als Kommissarsanwärterin ein paar rührend lebensfrohe Akzente setzt."
Köln: "'Franziska' ist ein klaustrophobischer Geisel-Thriller geworden. (…) Ein großer Auftritt für die vermeintlich kleine Darstellerin."
Wertung: Gute Filme mit hervorrangenden Darstellerinnen: Das gibt eine Punkteteilung. 0,5:0,5
"Süddeutsche.de"
Frankfurt: "Dieser Tatort vom HR ist ziemlich anspruchsvoll, wer also die Geschichte um einen abgestochenen Mann im Park auf Stringenz und Glaubwürdigkeit hin abklopft, wird ein paar brüchige Stellen finden. Dass die Episode trotzdem einen Sog erzeugt, liegt an Joachim Król (…). Dieser glänzend besetzte Schauspielerfilm ist der vorletzte 'Tatort' mit dem einsamen Kriminalhauptkommissar."
Köln: "Das Setting übertüncht dramaturgische Schwächen. Wenn man die Gespräche zwischen dem Massenmörder Haarmann (Götz George) und seinem Psychologen (Jürgen Hentsch) aus dem Totmacher noch im Ohr hat, kommen einem die Dialoge zwischen der Geisel Franziska (Tessa Mittelstaedt) und dem Vergewaltiger Kehl (Hinnerk Schönemann) stelzenbeinig vor."
Wertung: Leichte Vorteile für Frankfurt. 1,5:0,5
"faz.net"
Frankfurt: "Es ist ein Jammer, dass Joachim Król diese Rolle wegwirft, nachdem Nina Kunzendorf den Frankfurter 'Tatort' fluchtartig verlassen hat. Wir sehen ihn als Steier zum vorletzten Mal in der Episode 'Der Eskimo', (…) an der alles stimmt bis hin zu dem musikalischen Rätsel um den von Bob Dylan geschriebenen und von Manfred Mann eingespielten Song 'Mighty Quinn'."
Köln: "Ein perfekter Thriller. Man muss ihn nur aushalten wollen."
Wertung: Das riecht erneut nach Remis. 2:1
"welt.de"
Frankfurt: "Das ist herrlich fotografiert, könnte auch im Kino laufen. Und Volker Bruch als Liebhaber mit Tripelleben ist ein Irrer, wie man ihn schon lange nicht mehr so perfekt gesehen hat. Geht einem nicht mehr aus dem Kopf, dieser rätselhafte, verstörte, verletzte Typ."
Köln: "Ein Kammerspiel hinter Gittern. Ein Film, der brutalstmöglich auf unseren eigentlich wohltrainierten Fernsehnerven spielt."
Wertung: Diese beiden Filme hätten "die Messlatte für den Rest des 'Tatort'-Jahres" gelegt, so der Rezensent. Klares Remis. 2,5:1,5
"Frankfurter Rundschau"
Frankfurt: "Er ist abscheulich, aber 'Der Eskimo' zugleich unterhaltsam. Dass zum Witz der Irrwitz sich gesellt, passt vorzüglich zu dem Jetzt-ist-alles-schon-egal-aber-ich-ärgere-mich-trotzdem-über-Alle, das Steier eindrucksvoll vermittelt."
Köln: "Es ist aber ein Film, der weit herausragt aus dem allsonntäglichen Dienst-nach-Vorschrift-Einerlei."
Wertung: Knappe Vorteile für Köln. 2,5:2,5
stern.de
Frankfurt: "Ein Abschied auf Raten also - und leider, leider kein allzu gelungener. Dazu ist die Story, die Autor Hendrik Handloegten gemeinsam mit Regisseur Achim von Borries, entwickelt haben, zu krude und überfrachtet."
Köln: "Es ist erst der 5. Januar, doch es wird für die folgenden 'Tatorte' des Jahres schwer werden, diese Kölner Episode an Intensität und Spannung zu übertreffen." Wertung: Klarer Punkt für Köln. 2,5:3,5
Bilanz: Das war ein großartiger "Tatort"-Sonntag. Mit zwei Filmen, die von den meisten Kritikern als annähernd gleich stark eingeschätzt wurden. Am Ende lag der Kölner "Tatort" knapp vorn. Der erste "Tatort", der ins Spätprogramm verbannt wurde, kam bei Publikum wie Kritik hervorragend an. Gerne mehr davon - so das Fazit.