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Prozessbeginn in New York Harvey Weinstein vor Gericht: Filmmogul erwartet lebenslange Haft - oder ein Freispruch

Harvey Weinstein
Harvey Weinstein muss sich ab Montag vor Gericht verantworten 
© Steven Hirsch/POOL New York Post/AP/ / DPA
Sein Fall erschütterte die Welt und löste 2017 die MeToo-Bewegung aus. Mehr als zwei Jahre später beginnt in New York der Prozess gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein. Das Urteil dürfte für Millionen Menschen Genugtuung oder Entsetzen bedeuten.

Jahrzehntelang war Harvey Weinstein einer der mächtigsten Männer Hollywoods. Ein einflussreicher Studio-Boss, Garant für Kinoerfolge und Oscars, Herr über Karrieren - und unantastbar. Doch Vorwürfe sexueller Übergriffe gegen dutzende Frauen haben zum tiefen Fall des Produzenten geführt. Weinstein, den Schauspielerin Meryl Streep einmal als "Gott" bezeichnete, ist jetzt ein geächteter Mann. Am Montag beginnt in New York der Prozess gegen den 67-Jährigen wegen Sexualverbrechen.

Mehr als 80 Frauen haben Weinstein jahrzehntelanges sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen, darunter bekannte Schauspielerinnen wie Angelina Jolie, Salma Hayek, Gwyneth Paltrow und Rosanna Arquette. Die Vorwürfe traten im Herbst 2017 die weltweite #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe und Gewalt an Frauen los.

Viele Vorwürfe gegen Weinstein sind bereits verjährt

Bei dem New Yorker Prozess, der mit der Auswahl der Geschworenen beginnt, geht es aber nur um zwei Fälle: Die frühere Produktionsassistentin Mimi Haleyi wirft Weinstein vor, ihr 2006 in seiner New Yorker Wohnung Oralsex aufgezwungen zu haben. Eine zweite Frau, die anonym bleiben will, beschuldigt Weinstein, sie 2013 in einem Hotelzimmer vergewaltigt zu haben. Als Zeugin aussagen wird "Sopranos"-Darstellerin Annabella Sciorra. Sie gibt an, Weinstein habe sie vor mehr als 25 Jahren vergewaltigt. Die Vorwürfe sind zwar wie bei vielen anderen Frauen verjährt - die Staatsanwaltschaft will aber die Jury davon überzeugen, dass es bei Weinstein ein Muster sexueller Gewalt gab.

Weinstein hat die Vorwürfe, die im Oktober 2017 von der "New York Times" publik gemacht wurden, stets zurückgewiesen. Der einstige Hollywood-Mogul spricht von einvernehmlichen sexuellen Beziehungen. Nach Bekanntwerden der Anschuldigungen erklärte er, damals seien die Zeiten ganz einfach anders gewesen: "Ich bin in den 60er und 70er Jahren groß geworden, als die Regeln zu Verhalten und Arbeitsplätzen anders waren."

Opfer-Anwältin erwartet "brutale Kreuzverhöre"

Sein von der Strafverteidigerin Donna Rotunno angeführtes Anwaltsteam dürfte im Prozess versuchen, die Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Opfer in Zweifel zu ziehen. Die Anwälte haben E-Mails und Textbotschaften vorgelegt, die zeigen sollen, dass die Frauen Weinstein noch Monate nach den mutmaßlichen Angriffen freundschaftlich verbunden waren. Anwältin Gloria Allred, die die Opfer Mimi Haleyi und Annabella Sciorra vertritt, fürchtet, dass sich ihre Mandantinnen auf "brutale Kreuzverhöre" gefasst machen müssen.

Weinsteins Anwälte könnten auch den Fall der Schauspielerin Lucia Evans vorbringen. Die Staatsanwaltschaft hatte im Oktober 2018 das Verfahren zu Vorwürfen des erzwungen Oralverkehrs einstellen müssen. Evans hatte anscheinend einer Freundin erzählt, sie habe Weinstein im Gegenzug für eine Rolle freiwillig oral befriedigt.

Weinstein erwartet lebenslange Haft - oder ein Freispruch

Weltweites Medieninteresse ist sicher, wenn Richter James Burke am Montag den auf rund sechs Wochen angelegten Prozess eröffnet. Es geht nicht nur um Gerechtigkeit für Weinsteins mutmaßliche Opfer. Das Urteil, das am Ende steht, dürfte entweder Genugtuung oder Entsetzen bei Millionen Opfern von sexueller Gewalt auslösen. Für viele wird nicht nur über den Multi-Millionär Gericht gehalten, sondern über ein Muster männlichen Machtmissbrauchs. Und Weinstein gilt für viele als das krasseste Beispiel. Derzeit ist der 67-Jährige gegen Kaution auf freiem Fuß. Bei Verurteilung droht ihm lebenslange Haft, Weinsteins könnte jedoch auch freigesprochen werden. 

Mitte Dezember sorgte Weinstein mit einem Interview in der "New York Post" für Empörung. Er bezeichnete sich als "Pionier" der Frauenförderung in Hollywood, von Einsicht oder Reue ist bei ihm nichts zu merken. Er habe mehr Filme von Frauen und über Frauen produziert als jeder andere Produzent vor ihm - das werde jetzt "vergessen", sagte Weinstein. Die Geschichte hat ein anderes Urteil über ihn gefällt. Zu welchem Urteil die Geschworenen kommen werden, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

jum/AFP/DPA

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