Michael Jackson Ab in die Wüste

Kaum noch Geld, Klagen von Konzertveranstaltern, und "Leihmutter" Debbie will ihre Kinder zurück: Der Ex-Popstar hat wieder mal Ärger zu Hause - und will sich deshalb im Scheichtum Bahrain ansiedeln.

Hausgäste, sagt ein altes Sprichwort, sind wie Fische: Nach drei Tagen riechen sie. Nun mag man in der Wüste diese Weisheit nicht kennen, denn wer früher auf dem Kamel tagelang durch den heißen Sand geritten war, war stets ein willkommener Gast. Aber der Mann, den Bahrains Kronprinz Scheich Salman bin Hamad Al Khalifa im Sommer vergangenen Jahres eingeladen hat, um sich von den Mühen eines langen Prozesses zu erholen, wird den Menschen im kleinen Golfstaat immer wunderlicher.

Dabei hatte sich der Kronprinz anfangs eine Menge davon versprochen, dem vom Vorwurf der Kindesmisshandlung freigesprochenen Ex-Popstar Michael Jackson ein Wellness-Asyl anzubieten. Mit so einem Namen sollte der Wüstenstaat im beinharten Image- und Investorenwerben richtig Punkte machen gegen den Konkurrenten Dubai. Aus Neverland ins Sandland! Wenn die Welt lesen würde, wo sich Besucher Jacko ausruht, wisse sie jedenfalls, wo Bahrain liegt.

Der Besucher? Glaubt man den Meldungen des verbliebenen Jackson-Managements, fühlt sich der 47-Jährige längst als Bahrainer. Hier, auf der Insel im Persischen Golf, die etwa so groß wie Hamburg ist und mit deren Herrscherfamilie sich Jackson als befreundet bezeichnet, hat der Sänger noch ein paar Fans. Hier, zwischen Wüstensand und emsig hochgezogenen Stahl- und Glaspalästen, kreischen Teenies noch, wenn sie den Wunderling sehen, wie er sich - bleich geschminkt, ein schwarzes Tuch vor dem Mund und mit seinen Kindern, die meist ein Handtuch über dem Kopf tragen - aus der Tür des Gästehauses des Scheichs wagt.

Doch so sehr seine Bewunderer ihn auch bejubeln: In der Bevölkerung wächst die Skepsis über den Werbewert des Gastes. So fordern nach einer Umfrage der Zeitung "Gulf News" im November 47 Prozent der Befragten, Jackson solle lieber das Weite suchen, während 34 Prozent ihn dulden würden.

Nach und nach sickert

auch in der Hauptstadt Manama durch, warum es den Ex-Kinderkönig überhaupt nicht nach Hause zieht, und allmählich ahnt man, nicht einen Gast, sondern einen Flüchtling im Land zu haben. Er könne seinen rechtlichen Pflichten in den USA nicht mehr nachkommen, weil sein Wohnsitz nun Bahrain sei, ließ Jackson verkünden, und ein Blick in seine Heimat reicht aus, um zu wissen, weshalb. Denn seit seiner Abreise in die Wüste Ende Juni 2005 stapeln sich im Briefkasten seines Streichelzoos Neverland bei Los Angeles neue Vorladungen.

Der Jackson-Dauerfeind und Staatsanwalt Tom Sneddon setzt mit Ermittlungen wegen angeblichen Kokainbesitzes nach, Konzertveranstalter klagen auf Schadensersatz wegen angeblich zugesagter und nie gegebener Konzerte, und "Leihmutter" und Exfrau Debbie Rowe verlangt vor Gericht das alleinige Sorgerecht für die Kinder Prince Michael, 8, Paris Michael, 7, und Prince Michael Jackson II, 3. Die Kinder seien gänzlich ohne Jacksons Beitrag entstanden, die erforderliche Zutat habe man bei einer anonymen Samenbank bestellt. Und weil an den Kindern nun nichts Jackson sei, gehörten sie zur Mutter, so die Klage.

Damit nicht genug, neben den Vorladungen häufen sich auch die Mahnungen. Anwälte verlangen ihre Honorare, die Angestellten von Neverland ihren Lohn. Mit letzten Dollars konnte Neverland vor Weihnachten wenigstens noch Gas beziehen, sodass es warme Mahlzeiten und warmes Wasser gab. Nur das Alarmgeschrei der Tierschützer von "Peta", auf Neverland würden Elefanten und Affen qualvoll verenden, erwies sich nach einer Kontrolle des Veterinäramts als haltlos.

Als neue hässliche Fallgrube

tat sich nun ein Tonband auf, auf dem Jackson pöbelt, dass Juden "Blutsauger" seien, die ein "Komplott" gegen ihn planten. In den USA wurde dem Wüstenexilanten beinahe mitleidig ein "Hang zum Antisemitismus" attestiert. Einen Hang zur Unzurechnungsfähigkeit erkannte da schon einer von Jacksons letzten Freunden, der Löffelbieger Uri Geller: "Michael kann nicht mehr unterscheiden, was gut und was böse ist." "Der bleibt in der Wüste, weil er da noch Fans hat und weil er seine Kinder behalten will", sagt ein deutscher Musik-Manager, der Jackson gut kennt, "und in den Golfstaaten glauben sie ihm noch."

Fahrig und unkonzentriert wie immer betreibt Jackson in Bahrain PR in eigener Sache. Eine Moschee will er angeblich stiften und zum Islam übertreten, so wie sein Bruder Jermaine, der seit einigen Jahren in Dubai lebt. Dann wieder sei er sehr interessiert, dick ins Immobiliengeschäft einzusteigen. Das Scheichtum ringt um jeden kleinen Werbeerfolg, denn die einst lukrativen Ölquellen fangen an zu tröpfeln - die Insel gehört inzwischen zu den Kleinstlieferanten und muss sogar schon Erdgas aus Katar importieren. Mit dem ersten Formel-1-Kurs in der Wüste versuchten die Scheichs schon eine PS-Metropole zu schaffen, mit Michael Jackson hofften sie nun auf eine Art Disneyland im Sand.

So gab in der vergangenen Woche der Baukonzern AAJ Holdings bekannt, Jackson als Berater für Vergnügungsparks anzuheuern, eine Nachricht, die Investoren in Europa nur gähnen ließ. Kaum ein Land hatte der Sänger in den 90er Jahren mit Plänen für Spaßpark-Fantasien verschont, in Prag sollte 1996 ein Vergnügungspark entstehen, in Warschau 2000, in Detroit 1998 ein Casino, und bei Donauwörth plante er, eine Burg zu kaufen. Nirgendwo gab es einen Spatenstich.

Den Verdacht, einen weltflüchtigen Felix Krull des Pop zu bewirten, haben die Bahrainer mittlerweile auch, wenn sie in der Zeitung lesen, dass "I Have This Dream", eine Benefiz-Single für die Opfer des Hurrikans "Katrina", nun bald erscheinen werde. Man wolle der Welt zeigen, wie sehr man sich auch in Bahrain für die Opfer in den USA engagieren könne, sagte Scheich Salman bin Hamad Al Khalifa.

Für Jackson, der mit allen Plattenfirmen der Welt im Streit liegt, hatten sie in Bahrain extra das Label "2 Seas Records" gegründet, Stars wie R. Kelly sollten an der Produktion mitwirken. Die Premiere des Songs wurde bisher immer wieder verschoben. In der vergangenen Woche klagte ein Musikautor in den USA gegen das Projekt, von dem Text und Melodie inzwischen immerhin in Fachkreisen kursieren. Jackson, so der Kläger, habe beides bei ihm geklaut.

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Jochen Siemens

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