"Ob ich kochen kann", ist eine der ersten Fragen bei vielen Chats auf Datingportalen wie Tinder, Bumble und Co. Klar kann ich das, anders gefragt, wer kann das dank Seiten wie Chefkoch und Rezept-Videos bei Social Media heutzutage nicht? Doch, wenn man sich mal den Spaß erlaubt "Ne, sollte ich?!" zu antworten, merkt man schnell: Die Männerwelt ist sehr verwundert und oftmals folgt ein: "Warum das denn nicht?" oder etwas ähnlich Erschrockenes.
Doch das ist nicht das einzige Klischee oder Vorurteil, mit dem man sich als Frau noch immer beim Kennenlernen rumzuschlagen hat. Sollte man sehr attraktiv sein, wird einem sofort unterstellt, dass man nicht viel im Kopf haben kann. Manche Männer witzeln sogar darüber. Ein Freund von mir sagte zu diesem Thema erst neulich: "Ich bitte dich, hast du schon mal eine Schönheit ein Land regieren sehen oder nenn mir eine wunderschöne Konzernleiterin aus dem Stegreif, erfolgreich wie Mark Zuckerburg, Musk und Co." - eine überdurchschnittliche Optik wird immer noch mit: "entweder oder" bewertet. Entweder Schönheit oder IQ.
Etwas künstliche Optik beim Dating? Leicht zu haben
Ganz schlimm wird es, wenn genau diese Frau, die Schönheit und Intellekt vereint, womöglich auch noch auf ein wenig künstlichere, kardashianeske Optik steht und/oder gerne knappe Bekleidung trägt. Dann ist für viele Männer beim Dating klar: Sie muss leicht zu haben sein, viele Männer schon im Leben getroffen haben und natürlich, wie oben erwähnt, nicht die hellste Kerze auf der Torte sein. Vor allem sehr weibliche Optik wird in vielen Köpfen mit "billig" kategorisiert.
Das liebe Geld spielt beim Kennenlernen aber auch immer wieder eine Rolle. Anders als in den 50er Jahren verdienen Frauen heute meist ihr eigenes Geld, was für viele Männer auch eine sehr erfreuliche Entwicklung ist, doch bitte nicht zu viel. Oder anders gesagt: Es gibt noch immer einige Männer, die nicht damit klarkommen, wenn sie mehr verdient als er. Manche Frauen täuschen aus dem Grund sogar den Orgasmus vor, damit er nicht an seinem Können zweifelt und sich gut fühlt. Frauen, die beruflich viel erreicht haben, wird öfter unterstellt, dass sie wohl ein kinderloses, karrieregeiles Leben anstreben und gar keine Zeit für eine ernstzunehmende Partnerschaft haben.
Ein Phänomen, was in eine ähnliche Richtung geht, aber auf dem Datingmarkt sehr verbreitet ist: Sie ist über dreißig, sie will mit Sicherheit jeden Mann sofort heiraten und eine Familie gründen. Vielfach nehmen Männer Frauen über dreißig noch immer als "alt, verzweifelt willig und leicht zu haben" wahr. Dass es heutzutage viele verschiedene Lebensvarianten gibt, die eventuell nicht die 50er-Jahre-Hausfrau darstellen und Frauen durch das Einfrieren von Eizellen sich auch noch eine fruchtbare Zeit nach den Mitte Vierzigern erkaufen könnten, wird dabei komplett außer Acht gelassen. Dieses Denkweise beginnt bei manchen Männern Frauen gegenüber wirklich, sobald vorne eine drei beim Alter auftaucht.
Eine Prinzessin sucht einen König, keinen Prinzen
Und auch beim emotionalen Bereich kämpfen Frauen nach wie vor mit vielen Vorurteilen. Ist sie eine Prinzessin, hat eine piepsige Stimme und ist vielleicht auch noch sehr emotional, dann muss sie hilflos sein und dringend ihn als Beschützer und König der Welt brauchen. Ist sie hingegen eher ein wenig derber, hat vielleicht einen Bauarbeiter-Humor und eine große Klappe, dann muss sie hart im Nehmen sein und einiges abkönnen.
Wer also denkt, dass die alten Rollen doch längst verstaubt unterm Herd liegen, der irrt. Denn fast nirgendwo wie beim Dating wird einem klar, die alten Generationen haben den neuen noch immer ihre Frauenbilder mitgegeben. Hand aufs Herz, welcher Mann, der diesen Text liest, kann von sich behaupten, dass er in absolut keinem Punkt so denkt?
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