Bas hatte am Wochenende vorgeschlagen, künftig auch Beamte und Selbstständige sowie Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Damit werde ein größerer Teil der Bevölkerung an der Finanzierung des Rentensystems beteiligt, argumentierte Bas, die im Juni beim Parteitag auch zur SPD-Ko-Chefin gewählt werden will.
Am Montag ergänzte Bas, sie habe lediglich klarmachen wollen, dass sich die zukünftige Rentenkommission dieses Themas annehmen müsse. Die Koalition müsse darüber reden, ob die Basis, die in das Rentensystem einzahle, "verbreitert" werden müsse. Die Debatte über ein gemeinsames Rentensystem müsse geführt werden.
Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) widersprach Bas bereits am Sonntagabend in der ARD. Der Vorschlag sei nicht mit der Union abgestimmt, er finde dazu "keine Belegstelle im Koalitionsvertrag", sagte er. "Das ist nicht Common Sense in der Koalition." Frei bekräftigte zudem, dass er das von Bas vorgeschlagene Modell für ungeeignet halte. "Man kann über alles reden, aber es ist kein tragbares Finanzierungsmodell."
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte der "Bild am Sonntag": "Die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten in die Rente löst weder die Probleme in der Rentenversicherung, noch ist das vom Koalitionsvertrag gedeckt." Bas solle "nicht versuchen, der Rentenkommission alte SPD-Ideen als zukünftiges Ergebnis vorzuschreiben."
Aus der SPD hingegen erhielt Bas Zustimmung. "Ich verstehe die Aufregung um den Vorschlag von Bärbel Bas gar nicht", sagte der bisherige Vorsitzende des Arbeits- und Sozialausschusses des Bundestages, Bernd Rützel, der "Augsburger Allgemeinen" vom Montag. Das, was die Ministerin vorgeschlagen habe, sei Beschlusslage der SPD und finde sich in deren Programmen. Durch die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten würden die Beitragsbasis verbreitert und zunächst die Beiträge stabilisiert, betonte Rützel.
Auch die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hält die Einbeziehung von Beamten ins Rentensystem für "sinnvoll". Beamte in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, löse aber nicht das grundlegende Problem, dass künftige Renten und Pensionen von künftigen Beitragszahlern und Steuerzahlern bezahlt werden müssten, sagte Schnitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. IG-Metall-Chefin Christiane Benner begrüßte Bas' Vorstoß ebenfalls.
Ein tragfähiges Konzept in der Rentenpolitik zu finden, ist eines der wichtigsten politischen Projekte der neuen Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag garantieren Union und SPD ein Rentenniveau von 48 Prozent, das Renteneintrittsalter bei 63 Jahren soll erhalten bleiben. Damit steigt aber der Kostendruck auf die Rentenversicherung. SPD-Chef Lars Klingbeil hatte vor seiner Ernennung zum Finanzminister und Vizekanzler bereits eine "echte Reform" des Rentensystems angeregt und dafür auch eine Erweiterung des Beitragszahler-Kreises ins Spiel gebracht.
Die Grünen warfen der Union vor, nur eigene Interessen im Blick zu haben. "Dass die Union Sonderprivilegien für Abgeordnete verteidigt, zeigt, dass sie mehr am persönlichen Vorteil orientiert ist als an einer guten Rente für die breite Bevölkerung", sagte Fraktionsvize Andreas Audretsch der "Rheinischen Post". "Wir sollten die gesetzliche Rente schrittweise zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln, in die auch Abgeordnete einzahlen."
Linken-Ko-Chefin Ines Schwerdtner zeigte sich "erst einmal positiv überrascht" von Bas' Vorschlag. "Links wirkt, die SPD hat sich wieder an der richtigen Stelle etwas abgeguckt", sagte sie in Berlin. Doch es müssten weitere Schritte wie die Verdopplung der Beitragsbemessungsgrenze folgen.
Kritik kam von der FDP. Parteivize Bettina Stark-Watzinger nannte den Vorschlag "populistisch" und "nicht wirksam". Stattdessen müsse die gesetzliche Aktienrente eingeführt werden.