Nach der Wahl in Griechenland hat sich die Bundesregierung um eine Eindämmung der Debatte um Zugeständnisse an Athen bemüht. Vizeregierungssprecher Georg Streiter widersprach Überlegungen, Griechenland mehr Zeit für die Umsetzung des Reformprogramms zu geben. Zuvor hatte sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) ausdrücklich offen für Gespräche über eine Lockerung des Zeitplans gezeigt.
Westerwelle hatte am Sonntagabend in der ARD gesagt: "Ich kann mir gut vorstellen, dass wir über Zeitachsen noch einmal reden - vor dem Hintergrund, dass ja in Wahrheit in den letzten Wochen politischer Stillstand in Griechenland gewesen ist." Heute bekräftigte er im Deutschlandfunk noch einmal: "Wir sind bereit, darüber zu reden, was den Zeitplan angeht." Zugleich bekräftigte er: "Die Substanz der Reformen ist nicht verhandelbar."
Regierungssprecher Streiter sprach in diesem Zusammenhang von einer "Gespensterdebatte". Es mache "keinen Sinn, jetzt über Zeitpläne zu spekulieren", sagte er. "Es ist jetzt nicht die Zeit für irgendwelche Rabatte." Die Irritationen um Westerwelles Äußerungen führte er darauf zurück, dass diese "überinterpretiert" würden. Er beteuerte: "Hier zieht die ganze Regierung an einem Strick." Der Regierungssprecher ließ offen, ob Westerwelle seinen Vorstoß mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgestimmt habe.
Widerspruch beim Koalitionspartner
Beim Koalitionspartner Union stieß Westerwelle auf Widerspruch. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt lehnte zeitliche Zugeständnisse ab und verwies in der "Rheinischen Post" darauf, dass die EU Athen bereits "weit entgegengekommen" sei. Ein Reformaufschub für Griechenland würde die Rettung im Ergebnis nur teuer machen, sagte der Chef des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, im Deutschlandradio Kultur.
Der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch forderte Westerwelle in "Handelsblatt Online" dazu auf, der Kanzlerin "mit seinem unbegründeten Nachgeben nicht in den Rücken zu fallen". Eine Sprecherin des CDU-geführten Bundesfinanzministeriums sagte, ihr Haus sehe "kein Grund, Veränderungen vorzunehmen".
Offen für Änderungen am griechischen Reformzeitplan zeigte sich die Opposition in Berlin. Es könne richtig sein, "den Griechen mehr Zeit für die Erreichung ihrer Ziele zu geben", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Linken-Chef Bernd Riexinger forderte ein "Zinsmoratorium" für Griechenland, um der dortigen Wirtschaft wieder auf die Beine zu verhelfen.
Koalition zufrieden mit dem Wahlausgang
Einig waren sich die Berliner Koalitionsparteien in der positiven Einschätzung des Wahlausgangs in Griechenland. Westerwelle bewertete das Ergebnis als "erfreulich". Der Sieg der konservativen Nea Dimokratia (ND) über das Linksbündnis Syriza sei ein "Ausdruck von großem Verantwortungsbewusstsein" der griechischen Wähler.
Merkel hatte ND-Chef Antonis Samaras am Sonntagabend telefonisch zum Wahlsieg gratuliert und dabei nach Angaben eines Sprechers auf ihre Erwartung verwiesen, dass Griechenland sich an seine europäischen Verpflichtungen halte. Samaras hatte im Wahlkampf allerdings versprochen, sich für eine Neuverhandlung der Sparauflagen stark zu machen.
Aus der Parlamentswahl in Griechenland war die ND als stärkste Kraft hervorgegangen. Sie verfügt gemeinsam mit der sozialdemokratischen Pasok im Parlament über eine Mehrheit für die Bildung einer pro-europäischen und dem Sparprogramm verpflichteten Regierung.