Das Zehn-Sekunden-Beben schreckte die meisten Betroffenen von ihrem gemütlichen Samstagabend vor dem Fernseher auf. Angst machte sich im östlichen Frankreich breit, als der Erdboden ruckte, Dächer wackelten und ein paar Kamine einstürzten. Fenster klirrten, Nippes fiel von den Simsen. «Ich habe sofort an ein Attentat gedacht, nach allem, was die Medien bringen, mit dem Irak und so», sagt die 25-jährige Corine François. In Süddeutschland und der Schweiz, in 40 französischen Départements und sogar in Paris, 350 Kilometer entfernt, war das Beben der Stärke 5,4 zu spüren.
«Manche haben gleich angerufen und uns versichert, es habe einen Anschlag oder eine Explosion gegeben», beschreibt ein Feuerwehrmann den leichten Anflug von Panik nach dem Beben. «Wir haben einfach nur erklärt, es habe ein Erdbeben gegeben, und alles werde wieder ruhig sein.» Die Furcht ging vor allem in Rambervillers nahe dem Epizentrum um. «Das Beben war hier sehr stark. Viele sind sofort auf die Straße gelaufen, wobei manche die nicht so tolle Idee hatten, gleich nach einer allgemeinen Evakuierung zu rufen», erklärt der Vize- Bürgermeister der Gemeinde, Pascal Soyeur.
Rasch wurde Entwarnung gegeben. Die Gemüter beruhigten sich, zumal Menschen nicht zu Schaden gekommen waren und auch keine Häuser einstürzten. Die 1000 Opern-Freunde, die in Straßburg der «Arabella» des Komponisten Richard Strauss lauschten, gingen allerdings ohne das musikalische Ende heim. Als um 21.41 Uhr die Erde bebte, flohen sie Hals über Kopf aus der Vorstellung auf den Platz vor der «Opéra du Rhin». Das spätromantische Spektakel blieb unvollendet.
Nicht alle hatten dann eine ruhige Nacht. In Nompatelize in den Vogesen mussten 48 Kinder einer Feriengruppe in Sicherheit gebracht werden. Nach dem Beben waren Risse in den Hausmauern bemerkt worden. «Ich dachte, der Heizkessel sei explodiert», berichtet die Leiterin des Skilagers, Ingrid Rémy. «Andere glaubten, es sei doch eher ein Flugzeugabsturz, eine Lawine oder ein Attentat.» Die Kinder haben das jedenfalls ein wenig als Abenteuer genommen. Sie schliefen in einem Festsaal der Gemeinde. Nicht in ihren Federn verbrachten auch 50 Familien aus dem oberelsässischen Colmar die Nacht. In ihrem Gebäude des Sozialen Wohnungsbaus hatte das Beben Risse hinterlassen.
«Ein sehr bedeutendes Beben, aber nichts Außergewöhnliches» - so die Bilanz des französischen Seismologen Michel Granet. Derweil gab die Feuerwehr schnell noch Tipps für das richtige Verhalten beim nächsten Erdstoß: Ausweise einstecken. Gas, Wasser und Strom abstellen, aus dem Haus gehen und sich mindestens so weit entfernen, dass dies zwei Mal die Haushöhe ausmacht. Radio hören. Und vor allem: Keine Panik!