Um ein absolutes Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen zu verhindern, wird Hessen voraussichtlich vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen. Das Bundesverkehrsministerium forderte die Landesregierung am Dienstag auf, gegen ein Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Revision einzulegen. Auch die hessischen Regierungsfraktionen CDU und FDP plädierten für ein Revisionsverfahren.
Der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) will seine Entscheidung am (morgigen) Mittwoch bekanntgeben. Der VGH hatte im August den Ausbau des Frankfurter Flughafens gebilligt, zugleich aber entschieden, dass die Landesregierung zu viele Ausnahmen vom Nachtflugverbot zwischen 23.00 und 05.00 Uhr genehmigt hat. Die Kasseler Richter hatten zur Begründung auf den hessischen Landesentwicklungsplan verwiesen, in dem ein Nachtflugverbot vorgesehen ist.
Sollte das Urteil Bestand haben, könne ein Land in die bundesrechtlichen Kompetenzen bei Planfeststellungen eingreifen, kritisierte der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Jan Mücke (FDP): "Wir sehen hier Bundesinteressen unmittelbar betroffen." Das Land Hessen ist für die Genehmigung des Flughafenausbaus zuständig, nimmt diese Aufgabe aber im Auftrag des Bundes wahr.
Allgemein wird erwartet, dass Posch gegen das VGH-Urteil Revision beim Bundesverwaltungsgericht einlegt. Am Dienstag wurden die Landtagsfraktionen von CDU und FDP informiert. CDU-Fraktionschef Christean Wagner sagte nach der Sitzung, Posch habe "in der Frage der Revision gewichtige Gründe dargelegt". FDP-Fraktionschef Florian Rentsch sagte, wegen der grundlegenden Bedeutung des Urteils spreche vieles für eine Revision.
SPD und Grüne forderten dagegen eine Sondersitzung des hessischen Landtags noch vor Weihnachten. Die Landesregierung plane den "Bruch eines zentralen Versprechens an die Region", sagte der SPD-Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. In der Sondersitzung werde die SPD "an den Charakter, das Gewissen und das Versprechen jedes einzelnen Abgeordneten appellieren".
Der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir kritisierte, Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn hätten jahrelang versprochen, dass es bei einem Ausbau des Frankfurter Flughafens eine verlässliche Nachtruhe für die lärmgeplagten Anwohner geben werde. Nun werde Wortbruch begangen. Der Linken-Abgeordnete Hermann Schaus sagte, die Ausbaugegner sähen sich bestätigt. Den Flughafenausbau an ein Nachtflugverbot zu koppeln, sei von Anfang an eine Finte gewesen.