Urteil zum Flughafenausbau SPD jubelt, Koch murrt

Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel hat den Streit um den Ausbau des Frankfurter Flughafens nicht befrieden können. Sowohl die Anrainerstädte als auch die Wirtschaft sind unzufrieden, auch Ministerpräsident Koch ist nicht wirklich glücklich. Lediglich die SPD jubelt.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zum Ausbau des Frankfurter Flughafens als "wirklich historische Entscheidung" bezeichnet. Das für die Zukunft des Landes sehr wichtige Projekt sei unter den kritischen Augen der Justiz bestätigt worden.

Unzufrieden zeigte sich der CDU-Politiker aber mit der Entscheidung der Richter, die Genehmigung von 17 Nachflügen zwischen 23 und 5 Uhr für unzulässig zu erklären: "Das ist eine Abkehr von den bisherigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts", sagte er. Es sei wichtig, dass diese Frage von den Bundesrichtern in Leipzig geklärt werde. Ob das Land gegen den Kasseler Spruch vorgehe oder diesen Schritt anderen Verfahrensbeteiligten überlasse, sei noch nicht entschieden.

Nach dem Urteil der höchsten Verwaltungsrichter Hessens hatten mehrere Prozessbeteiligte angekündigt, "definitiv" in die nächste Instanz gehen zu wollen. "Wir sehen uns in Leipzig wieder", sagte beispielsweise ein Vertreter der Stadt Offenbach.

"Ein Stoppschild für Kochs Wortbruch"

Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) erklärte, man nehme die Entscheidung zum Nachtflugverbot mit großem Unverständnis zur Kenntnis. Man unterstütze Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) "in seiner Absicht, den gültigen Planfeststellungsbeschluss bis zum Bundesverwaltungsgericht zu verteidigen, damit die Zahl der Ausnahmen vom Nachtflugverbot zwischen 23 und 5 Uhr nicht verringert werden muss".

Die hessische SPD begrüßte das Urteil aus Kassel: Es bedeute "grünes Licht für den Ausbau und ein Stoppschild für Kochs Wortbruch beim Nachtflugverbot", sagte SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel. "Die hessische SPD sieht ihre Position in vollem Umfang bestätigt. Im Hinblick auf die Nachtflüge habe das Gericht der Landesregierung eine schwere juristische Niederlage zugefügt - diese müsse nun ein striktes Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr vorgeben. Die Grünen sprachen von einer "schallenden Ohrfeige für die Landesregierung".

"Verheerendes Signal für Luftverkehrswirtschaft"

Der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) nannte das Urteil zum Flughafenausbau ein "verheerendes Signal für die Luftverkehrswirtschaft". Der Verwaltungsgerichtshof habe die Frage des Nachtfluges mit sehr restriktiven Vorgaben an das hessische Wirtschaftsministerium zurückverwiesen. Für die Fluggesellschaften und die eigentlichen Leistungsträger am Drehkreuz bedeute dies einen faktischen Produktionsstopp in der Nacht. Nun sei zu befürchten, "dass das Urteil auch an anderen Flughäfen Anwendung findet und damit die Exportnation und der Reiseweltmeister Deutschland für sechs Stunden am Tag nicht am internationalen Wettbewerb teilnimmt".

Die vier Milliarden Euro teuren Pläne des Flughafenbetreibers Fraport sehen vor allem den Bau der 2800 Meter langen Nordwest-Startbahn vor, die erstmals parallele Starts und Landungen ermöglichen soll. Die Bauarbeiten hatten im Januar begonnen, 2011 soll die Bahn fertig sein. Die Zahl der Flugbewegungen pro Stunde soll dann von gut 80 auf mehr als 120 steigen.

Befürworter erhoffen sich 40.000 neue Arbeitsplätze

Weitere Projekte sind der Bau eines Terminals 3 mit weiteren 75 Flugzeugpositionen. Damit will der Airport seine Kapazität auf jährlich 81 Millionen Passagiere erhöhen. Für das Jahr 2020 werden sogar 88 Millionen Passagiere erwartet. Bislang zählt der Flughafen gut 50 Millionen Fluggäste im Jahr und arbeitet am Rand seiner Kapazität. Außerdem soll eine Werft für das neue Langstrecken-Flugzeug A-380 entstehen. Befürworter erhoffen sich insgesamt 40.000 neue Arbeitsplätze.

Vor dem VGH hatten Gegner des Ausbaus wie Anrainerkommunen und Umweltverbände geklagt, aber auch die Lufthansa, der die Nachtflugregeln zu streng sind.

AP
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