Anzeige
Anzeige

Wachmann in Frankfurt niedergeschossen Brutaler Überfall auf Ikea-Geldboten Teil einer Serie? Polizei prüft auch Verbindung zu Ex-RAF-Terroristen

Polizei vor Frankfurter Ikea-Filiale
Beim Überfall auf die Frankfurter Ikea-Filiale wurde ein Geldbote schwer verletzt
© Frank Rumpenhorst / DPA
Mindestens vier Taten nach dem gleichen Muster: Nach dem brutalen Überfall auf einen Ikea-Geldboten in Frankfurt prüft die Polizei einen möglichen Zusammenhang der Verbrechen. Möglicherweise steckt eine international operierende Bande hinter den Taten – oder aber "alte Bekannte".

Auto klauen, falsche Kennzeichen anbringen, Raub begehen, davonfahren, Fluchtfahrzeug anzünden: Der brutale Überfall auf eine Ikea-Filiale in Frankfurt am Wochenende (der stern berichtete) ist möglicherweise Teil einer ganzen Serie von Taten, die nach demselben Muster abliefen.

Diesem Verdacht gehen die Ermittler in der hessischen Metropole inzwischen nach – und arbeiten daher mit ihren Kollegen an den anderen Tatorten zusammen, zum Beispiel in Köln: "Die Kollegen haben sich bei uns gemeldet und gesagt, bei ihnen habe es einen ähnlichen Fall gegeben – einen bewaffneten Raubüberfall auf einen Geldtransporter an einer Ikea-Filiale", sagte ein Sprecher der Frankfurter Polizei und ergänzte mit Blick auf die immer noch flüchtigen Täter: "Wir erhoffen uns, durch den Informationsaustausch weiter zu kommen."

Muster von Frankfurter Überfall ist bekannt

In der Tat sind die Parallelen zwischen den Verbrechen in der jüngeren Vergangenheit frappierend:

  • Flughafen Köln/Bonn, 6. März 2019: Nach Polizeiangaben überfielen mindestens zwei unbekannte Täter einen Geldtransporter am Konrad-Adenauer-Flughafen. Mindestens ein Schuss fiel, ein Wachmann wurde am Oberschenkel getroffen und schwer verletzt. Er schwebte zwischenzeitlich in Lebensgefahr. Im Kölner Stadtteil Porz musste wenig später die Feuerwehr ausrücken, die Täter hatten ihren Fluchtwagen brennend zurückgelassen. In dem Wrack fanden Beamte eine zurückgelassene Kalaschnikow, die mutmaßliche Tatwaffe. Der dunkle Audi wurde zuvor in Amsterdam geklaut und mit ebenfalls gestohlenen Kennzeichen ausgestattet. Die Täter konnten trotz Großfahndung – unter anderem mit einem Hubschrauber – entkommen. Ihre Beute sei nur eine "geringfügige Summe" Geld gewesen, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer nach der Tat, ohne näher ins Detail zu gehen. Schon damals fielen den Ermittlern Ähnlichkeiten mit anderen Fällen der Vergangenheit auf. Ein von der Polizei als authentisch bewertetes Video eines Augenzeugen zeigt die Abfahrt der Täter.
  • Einkaufszentrum in Limburg, 10. September 2018: Eine laut Polizei "größere Menge Bargeld" erbeuteten mindestens zwei Männer vor über einem Jahr in Westhessen. Bei dem Überfall auf einen Geldtransporter wurde ein Wachmann mit einer Waffe – möglicherweise mit einer Kalaschnikow – bedroht und zur Herausgabe seiner Pistole und einer Geldkiste gezwungen. Die beiden Täter flüchteten in einem schwarzen VW Tiguan, der zuvor gestohlen und ebenfalls mit geklauten Kennzeichen ausgestattet wurde. Auch dieses Auto ist wenig später in der Nähe des Tatorts ausgebrannt. Auch im Limburger Fall blieb die Fahndung mit einem Hubschrauber ohne Erfolg. Auch ein späterer Aufruf in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" führte trotz Dutzender Hinweise nicht zur Festnahme der Täter.
  • Ikea-Filiale Köln-Godorf, 24. März 2018: Auf dem Weg von dem Möbelhaus zu seinem Geldtransporter wurde ein 60-Jähriger mit einer Waffe bedroht und ihm das Geld geraubt. Mindestens zwei Täter sind anschließend mit einem BMW mit geklauten Kennzeichen geflüchtet, der wenig später von Passanten brennend entdeckt wurde. Die Polizei leitete eine Fahndung, auch mit einem Hubschrauber, ein, die Täter konnten dennoch unerkannt entkommen. Auch dieser Fall wurde von "Aktenzeichen XY ... ungelöst" aufgegriffen.
Einer der Täter beim Raubüberfall in Köln-Godorf
Einer der Täter beim Raubüberfall in Köln-Godorf
© Polizei Köln

Und nun am vergangenen Wochenende Frankfurt-Nieder-Eschbach, hier notiert der Polizeibericht: "Gegen 11.25 Uhr verließ ein 56-jähriger Mitarbeiter eines Geldtransportunternehmens das Gebäude des Ikea-Einrichtungshauses mit einer Geldkassette. Genau in diesem Moment attackierte ihn ein bislang unbekannter Mann. Nach einer kurzen Rangelei gelang es dem Täter, die Geldkassette an sich zu bringen. In der Folge kam es zu einem Schusswechsel zwischen dem Geldboten und dem Räuber, bei dem der Geldbote angeschossen und schwer verletzt wurde." In der Nähe des Möbelhauses wurde kurze Zeit später ein ausgebrannter Audi A8 entdeckt. Er wurde vorher gestohlen und hatte ebenfalls geklaute Kennzeichen montiert. Die Fahndung blieb ohne Erfolg.

LKA Niedersachsen fahndet nach diesen drei Ex-RAF-Mitgliedern

Vier Taten, alle mit dem gleichen Modus Operandi. Die Polizei ist alarmiert. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, dass in Ermittlerkreisen von "professionell agierender Bandenkriminalität" die Rede ist. Führt die Spur in den Bereich der internationalen Organisierten Kriminalität? Oder – auch das ist eine der Möglichkeiten – stecken drei "alte Bekannte" hinter einer oder mehreren Taten? "Wir prüfen auch, ob die drei als Mitglieder der ehemaligen RAF gesuchten Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette mit den Überfällen in Verbindung stehen", sagte ein Sprecher der Frankfurter Polizei im Gespräch mit dem stern. "Alles andere wäre nicht professionell."

Fahndungsplakat für das untergetauchte RAF-Trio
Fahndungsplakat für das untergetauchte RAF-Trio
© Landeskriminalamt Niedersachsen

Die drei als "RAF-Rentner" bekannten mutmaßlichen Ex-Terroristen stehen seit Jahren ganz oben auf der Fahndungsliste des Bundeskriminalamtes. Sie werden immer wieder mit Raubüberfällen auf Geschäfte und Geldtransporter in Verbindung gebracht, mit denen sie ihren Lebensunterhalt finanzieren sollen. Sie werden unter anderem wegen versuchten Mordes gesucht. 

"Die Ermittlungen stehen aber noch ganz am Anfang", sagte der Polizeisprecher weiter. Weder sei bislang ein Zusammenhang der Taten erwiesen, noch eine Beteiligung der Organisierten Kriminalität oder des Ex-RAF-Trios.

Sowohl die Frankfurter Polizei als auch die Ermittler in den anderen Städten suchen weiterhin nach Zeugen oder Hinweisen zu den Tätern und haben entsprechende – recht vage – Beschreibungen veröffentlicht:

Hinweise zu den Taten und den Gesuchten nimmt auch jede andere Polizeidienststelle entgegen. Die Polizei warnt: Die Gesuchten sind vermutlich bewaffnet und haben in der Vergangenheit nicht gezögert zu schießen.

Im Fall des Raubs in Frankfurt wollen die Ermittler in der kommenden Woche Fahndungsbilder veröffentlichen. Eigentlich wollten die Beamten schon diese Woche mit Bildern an die Öffentlichkeit. Die Aufnahmen müssten aber noch aufbereitet werden, teilte die Polizei der Nachrichtenagentur DPA mit.

Quellen: Polizei FrankfurtPolizei Köln (1), Polizei Köln (2)Polizei Westhessen, Bundeskriminalamt,  "Frankfurter Allgemeine Zeitung", Nachrichtenagentur DPA

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel