Crime Story Die Legende von D.B. Cooper

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  • von Bernd Volland
Im Jahr 1971 entführt ein bis heute unbekannter Mann ein Flugzeug und erpresst erfolgreich 200.000 US-Dollar. Filmreif entkommt er per Fallschirmsprung und wird nie geschnappt. Es ist die Geburtsstunde der Legende von D.B. Cooper. | Teil 7 der Reihe "Noir": Historische Fälle, gelesen von Jens Harzer
DB Cooper

Wir suchen entweder einen Fallschirm“, sagte Sheriff Tom McDowell, Clark County, Washington State, tief im Wald des US-Nordwestens, „oder ein Loch im Boden.“ McDowell, ein hagerer Mann mit Seitenscheitel, spitzer Nase und einer langen Krawatte, die leicht verzagt neben seinem Stern baumelte, erklärte den Reportern den ersten Ermittlungsansatz, nicht ahnend, dass er zu nichts führen würde, dass zahllose weitere folgen würden, die auch zu nichts führen würden, und dass dieser Thanksgiving-Tag seinem Clark County mehr Aufmerksamkeit bescheren würde als der große Waldbrand von 1902.

„Name?“ – „Dan Cooper.“

Der Mitarbeiter am Schalter des Portland International Airport schreibt den Namen auf das Ticket, Flug 305, North­west Orient Airlines, nach Seattle.

„Rückflug?“ – „Nein.“ 

Der Mann vor ihm trägt einen Regenmantel, einen dunklen Anzug, weißes Hemd, schmale Krawatte. Er ist schlank und hat eine Aktentasche sowie eine Papiertüte bei sich. Der Fluggast zahlt 20 Dollar und wartet auf das Boarding. Die 280 Kilometer nach Seattle könnte man zwar auch gut mit dem Auto fahren, aber Fliegen ist günstig und unkompliziert, keine Security-Checks, man muss nicht mal seinen Ausweis zeigen, einfach Geld hinlegen, einsteigen, es macht richtig Spaß, es ist die Blütezeit der Passagierflüge.

So fing es an, am 24. November 1971, und man kann Sheriff McDowell nicht vorwerfen, dass der Ansatz, den er am nächsten Tag verkündete, etwas schlicht war, schließlich hatte man nicht nur im Clark County, sondern auf der ganzen Welt noch nie einen solchen Fall erlebt.

Erschienen in stern Crime 9/2016