Auch drei Tage nach der Havarie eines Containerschiffs geht im Suezkanal unverändert nichts vor oder zurück. Die rund 400 Meter lange und knapp 59 Meter breite "Ever Given" war am Dienstag auf Grund gelaufen und verstopft seither die wichtige Wasserstraße zwischen Asien und Europa, mehr als 100 Schiffe stehen im Stau. Und das könnte vorerst auch so bleiben: Schlepperboote versuchten am Mittwoch vergeblich, den riesigen Frachter zu befreien. Die Arbeiten sollten am Donnerstag fortgesetzt werden, hieß es.
Laut Angaben der ägyptischen Suezkanal-Behörde havarierte die "Ever Given", weil der Kapitän wegen eines Sandsturms schlechte Sicht hatte. Diese muss zumindest vor dem Vorfall noch deutlich besser gewesen sein: Wie Daten des Trackingportals "vesselfinder.com" zeigen, schlug das Schiff vor dem Unglück eine ziemlich ungewöhnliche Route im Roten Meer ein – eine, die auch ohne viel Fantasie an zwei große Pobacken und einen Penis samt Hoden erinnert. Den Kapitän dürfte das in Erklärungsnot bringen – zumal es nicht das erste Mal ist, dass die "Ever Given" negativ auffällt.
Portal versichert Echtheit der Trackingdaten
Ob der Kurs gewollt oder zufällig zu Stande kam, darüber lässt sich aktuell nur spekulieren. Unbestritten ist wohl, dass das Schiff die Route definitiv so gefahren ist. "Es gibt keinen Raum für Verschwörungen oder falsche Daten", beteuerte ein Sprecher von "vesselfinder.com" die Echtheit der Trackingdaten gegenüber "Vice World News".
Das Portal veranschaulichte die Route der "Ever Given" zudem in einem Video. Es zeigt das Schiff beim "Malen" angesprochener Körperteile, ehe es sich auf den Weg Richtung Suezkanal macht:
Frachter "Ever Given" kollidierte mit Fähre in Hamburg
Im Hamburger Hafen hat man jedenfalls keine gute Erinnerungen an den Frachter, der unter der Flagge Panamas fährt. Am 9. Februar 2019 kam der 400-Meter-Riese im Hafen vom Kurs ab und kollidierte an einem Anleger in Blankenese mit einer Fähre, wie das "Hamburger Abendblatt" berichtet. Demnach entstand damals ein Sachschaden von einer Million Euro, einige Besatzungsmitglieder der Fähre erlitten einen Schock. Ein Grund für das Unglück soll unter anderem aus Südwest kommender Wind gewesen sein, wie Ermittlungen ergaben. Zudem sei das Heck der "Ever Given" durch einen Sog Richtung Elbufer gezogen worden, schreibt das "Abendblatt".
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hofft indes auf ein möglichst schnelles Ende der Blockade. "Je länger die Sperrung andauert und je länger die Ungewissheit andauert, desto drastischer werden die Auswirkungen dieser Sperrung sein", sagte Verbandssprecher Christian Denso der Deutschen Presse-Agentur. Das Hauptproblem sei, dass niemand wisse, ob sich der Umweg um das Kap der Guten Hoffnung lohne. Schiffen drohen teure und langwierige Umwege, warnte die Allianz.

Umweg über Kap der Guten Hoffnung kostet Schiffe Wochen
Um den Suezkanal führen in der Schifffahrt nicht viele Wege herum – jedenfalls nicht für einen aus Saudi-Arabien oder dem Irak kommenden Öltanker, der unter engem Zeitplan Europa oder die USA ansteuert. Den Seeweg von Europa nach Indien verkürzt der Kanal um etwa 7000 Kilometer, der Umweg über das Kap der Guten Hoffnung könnte ein Schiff bei 16 Knoten (etwa 30 Stundenkilometer) bald drei weitere Wochen kosten. Das ist wichtig im eng getakteten Welthandel.
Laut Experten ist es auch für erfahrene Seeleute nicht einfach, einen 400 Meter langen Stahlriesen bei Strömung und Seitenwind durch die schmale Schifffahrtsrinne zu steuern. Wesentlich einfacher scheint es zu sein, Körperteile ins Meer zu "zeichnen".
Quellen: "vesselfinder.com" / "Vice World News" / "Hamburger Abendblatt" (€) / DPA