Bei einem Besuch in den niedersächsischen Überschwemmungsgebieten hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Einsatzhelfern gedankt und Hilfen des Bundes in Aussicht gestellt. Angesichts der Naturkatastrophe sei es "wichtig, dass wir zusammenhalten – und überall geschieht das auch", sagte Scholz am Sonntag in der Stadt Verden an der Aller. "Für mich ist das etwas, wo ich sagen will: Danke dafür, danke für diesen Einsatz."
Konkrete Zusagen des Bundes etwa für Finanzhilfen an die betroffenen Gebiete brachte der Kanzler bei seinem Besuch zwar nicht mit. Er versicherte aber, "dass der Bund mit seinen Möglichkeiten den Ländern, den Landkreisen, den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, allen die vor Ort tätig sind, zur Verfügung steht".
"Im Moment sind wir dabei, eine akute Krise zu bekämpfen"
Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD), der den Kanzler bei dem Besuch begleitete, wollte noch keine Unterstützungsforderungen an den Bund formulieren. "Im Moment sind wir dabei, eine akute Krise zu bekämpfen", sagte er. "Danach werden wir uns sicherlich mit den anderen Fragen auseinandersetzen: Welche Schäden sind entstanden? Welche Möglichkeiten der Hilfe bestehen?"
Nach einem Hubschrauberflug über die Flutgebiete war Scholz am Vormittag in der besonders betroffenen Stadt Verden an der Aller gelandet, wo er mit Einsatzhelfern über die aktuelle Lage, die getroffenen Schutzmaßnahmen und die zu erwartende weitere Entwicklung sprach. Im Anschluss warf er von einem Aussichtspunkt einen Blick über den stark angeschwollenen Fluss auf die überschwemmte Altstadt am anderen Ufer. Er tauschte sich auch mit vom Hochwasser betroffenen Menschen aus und bedankte sich persönlich bei den anwesenden Hilfskräften von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) sowie weiteren Freiwilligen.
Scholz zeigte sich dankbar und beeindruckt von Zusammenhalt und bürgerschaftlichem Engagement. "Das Wetter, die Natur fordert uns heraus", sagte er. Es gebe "unglaublich viele Freiwillige, auch ohne berufliche Verpflichtung, die dafür sorgen, dass alles getan wird, um die Konsequenzen klein zu halten." Er sei "zuversichtlich, "dass wir das bewältigen werden"."
Der Kanzler hob hervor, dass bereits viele Investitionen in die Sicherheitsinfrastruktur in Deutschland geflossen seien und dass dies auch in Zukunft der Fall sein werde. Man dürfe "nicht vergessen, dass wenn das Hochwasser weg ist, es auch wiederkommen kann", sagte Scholz. Es sei wichtig, "dass wir die notwendigen Investitionen tätigen, damit wir so gut wie möglich vor solchen Naturgewalten und Herausforderungen geschützt bleiben".
Hochwasser könnte Deiche brechen lassen
Die Hochwasserlage ist derzeit vor allem im Norden Deutschlands angespannt. Zwar wurden seit Samstag von der Aller und weiteren Flussläufen leicht fallende Pegelstände gemeldet, vielerorts wird aber weiterhin ein Brechen der stark aufgeweichten Deiche befürchtet. In Verden, nahe des Zusammenflusses von Aller und Weser, stehen weiterhin große Teile der Altstadt unter Wasser, mehrere Häuser sind dort einsturzgefährdet.
In der Gemeinde Lilienthal bei Bremen soll ein rund 800 Meter langer mobiler Deich zusätzlichen Schutz bringen. Die Gemeinde sprach in einer Mitteilung am Sonntag von einer rein präventiven Sicherungsmaßnahme. Die Hochwasserlage sei statisch. Es seien keine kritischen Bereiche hinzugekommen, und die Pegelstände gingen leicht zurück, was den Deich entlaste. Der mobile Deich wird den Angaben zufolge zunächst mit Luft befüllt und könnte bei Bedarf kurzfristig mit Wasser befüllt werden, um eine stabile Schutzbarriere zu bieten.
Nach den starken Regenfällen der Vortage blieb es am Sonntag zunächst niederschlagsfrei. Der Deutsche Wetterdienst sagte allerdings für die Silvesternacht neue Schauer im Nordwesten Deutschlands voraus, die auch die niedersächsischen Überschwemmungsgebiete treffen dürften.
Auch in anderen Landesteilen haben die Einsatzkräfte gut zu tun. In mehreren Ortschaften am Fluss Helme an der Landesgrenze zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt bleibt die Hochwasserlage kritisch. Der Landkreis Mansfeld-Südharz rief am Samstag den Katastrophenfall aus. Am Samstagabend wurden nach Angaben des Bürgermeisters der Gemeinde Südharz, Peter Kohl, vorsorglich Sammelstellen in zwei Turnhallen eingerichtet.
Gute Nachrichten von Rhein und Elbe
In Sachsen und Nordrhein-Westfalen gibt es dagegen erste Entwarnungen. In NRW wird das neue Jahr wohl mit halbwegs trockenem Wetter beginnen, nur vereinzelt ziehen Schauer durchs Land. Am ehesten sind davon der Niederrhein und das westliche Westfalen betroffen, so der DWD. Der Neujahrstag startet wechselhaft mit Schauern und Gewittern, die auch mal Graupel bringen können.
In Sachsen ist das Hochwasser der Elbe an den meisten Messpunkten auf die Alarmstufe 1 gefallen. Sowohl am Pegel Dresden als auch in Schöna an der tschechischen Grenze sowie flussabwärts in Riesa galt am Sonntag die niedrigste Alarmstufe. Am Pegel Torgau in Nordsachsen bestand laut einer Übersicht des Landeshochwasserzentrums keine Hochwasserwarnung mehr.
In der Landeshauptstadt Dresden wurde am Silvestermorgen ein Wasserstand von 4,48 Meter gemessen. Am Vortag waren es noch 5,30 Meter gewesen. Die Hydrologen rechnen für die nächsten Tage mit stagnierenden Wasserständen. Das bedeutet, dass die Alarmstufe 1 voraussichtlich noch einige Tage bestehen bleibt. Sie gilt in Dresden ab vier Metern. Normal sind rund zwei Meter.