Nachdem eine hochschwangere Afghanin sich in einem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos selbst in Brand gesteckt hat, droht der 26-Jährigen nun eine Anklage wegen Brandstiftung.
Die Mutter von drei Kindern hatte am vergangenen Sonntag einen psychischen Zusammenbruch erlitten, nachdem ihr Antrag auf Ausreise nach Deutschland vermeintlich abgewiesen worden war. Daraufhin brachte sie nach Polizeiangaben ihre Kinder aus dem Zelt, das der Familie als Unterkunft diente und zündete das Zelt und sich selbst an. Andere Bewohner und Sicherheitskräfte des Lagers konnten die Flammen löschen.
"Sie bereut ihre Tat sehr"
Die Frau kam verletzt in ein Krankenhaus in Mytilini. Dort sei sie von einem Staatsanwalt verhört worden, berichten der britische "Guardian" und die "New York Times". Weil sie ihr Zelt in Brand gesteckt habe, prüften die griechischen Behörden eine mögliche Anklage wegen Brandstiftung gegen die Migrantin.
"Als ihr gesagt wurde, dass sie nicht reisen kann, waren ihre Verzweiflung und Enttäuschung so groß, dass sie einen Selbstmordversuch unternahm", erklärte der Untersuchungsrichter Nikos Triantafyllos dem "Guardian". "Sie bereut ihre Tat sehr. Sie hat Verbrennungen an Händen, Füßen und Kopf erlitten. Sie ist voller Reue. Nächste Woche soll sie ihr viertes Kind zur Welt bringen."
Nach Angaben des Migrationsministeriums beruhte der Suizidversuch der Frau auf einem Missverständnis. Die Behörden hätten sie lediglich gebeten, bis zur Geburt ihres vierten Kindes in Griechenland zu bleiben. Die Afghanin habe dies jedoch nicht verstanden. Mittlerweile konnte sie das Krankenhaus wieder verlassen.
Scharfe Kritik an Zuständen auf Lesbos
Das provisorische Lager auf Lesbos mit rund 6000 Asylsuchenden wurde errichtet, nachdem das völlig überfüllte Lager Moria durch Brände zerstört worden war. Camp-Bewohner und Aktivisten kritisieren die menschenunwürdigen Bedingungen in dem Lager insbesondere angesichts der winterlichen Temperaturen. Der frühere Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte die Zustände in den griechischen Flüchtlingseinrichtungen in der vergangenen Woche als "mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar" angeprangert und die Lage für die Menschen dort "unerträglich" genannt.

Deutschland hatte nach dem Brand von Moria die Aufnahme von 1553 anerkannten Flüchtlingen zugesagt und zudem im März 2020 beschlossen, im Rahmen einer europäischen Hilfsaktion 243 kranke Kinder mit engen Familienangehörigen aus Griechenland zu übernehmen. 150 unbegleitete Minderjährige, deren Aufnahme die Bundesregierung nach dem Brand ebenfalls zugesagt hatte, sind bereits hier. Insgesamt hat Deutschland seit April 1954 Menschen aus Griechenland aufgenommen. Alle Betroffenen müssen vor der Einreise in die Bundesrepublik negativ auf das Coronavirus getestet worden sein.
Quellen: "The Guardian", "New York Times", AFP