Die Aufräumarbeiten nach dem Schneechaos im Münsterland kommen langsam voran. "Es wird stündlich besser", sagte eine Sprecherin der Bezirksregierung Münster. Dennoch werden wohl auch in der kommenden Nacht rund 25.000 Haushalte ohne Strom auskommen müssen - zumindest versucht der örtliche Stromversorger RWE die Zahl der abgeschnittenen Haushalte darauf zu reduzieren.
Schwerpunkt der Arbeiten sei das Gebiet rund um Ochtrup, das laut RWE von den Stromausfällen besonders schwer betroffen ist. Bis Montagmittag waren nach Angaben der Bezirksregierung noch rund 50.000 Menschen ohne Strom.
Zwar gebe es immer wieder Fortschritte und weitere Ortsteile gingen ans Netz, doch gebe es auch neue Probleme, sagte der Behördensprecher. So sei etwa im Kreis Steinfurt das Stromnetz punktuell zusammengebrochen.
In der betroffenen Region sei der Wiederaufbau des Netzes besonders schwer, da dort eine komplette neue Leitung inklusive Masten über die Autobahn A31 am Kreuz Gronau installiert werden müsse, so RWE. Das Unternehmen hatte rund 400 Mitarbeiter im Einsatz, um die Folgen des Wintereinbruchs zu beheben. Zudem hoffen die Behörden auf weitere Notstromaggregate, die aus Süddeutschland geliefert werden sollten.
Diese Lieferung sorgt allerdings für Unmut. Denn die mitgebrachten Notstromaggregate, die etwa Bauernhöfe dringend benötigen würden, stünden ungenutzt herum, kritisieren Helfer. Außerdem bemängeln sie "erschreckend wenig Kommunikation". Feuerwehrleute aus Hessen sagten zudem, sie seien 300 Kilometer weit in die Krisenstadt Ochtrup angereist und gar nicht gebraucht worden. "Wir stehen uns hier die Beine in den Bauch", sagt ein Feuerwehrmann.
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte bereits am Sonntag eine Manöverkritik angekündigt: "In den nächsten Tagen und Wochen werden wir überall da, wo Einsätze stattgefunden haben, nachdenken müssen, was man noch besser machen kann." Der Sprecher des Krisenstabes bei der Bezirksregierung Münster, Stefan Bergmann, sieht keinen Grund zur Kritik: "Es gibt keinen Anlass dazu, zu sagen, das wäre komplett in die Hose gegangen", sagte er.
Der Stromausfall machte auch Bauern und Industriebetrieben in der Region Ochtrup zu schaffen. Die rund 300 landwirtschaftlichen Betriebe der Gegend sind nach Angaben der örtlichen Raiffeisen-Genossenschaft weiter in einer äußerst schwierigen Situation. "Die Lage ist schlichtweg katastrophal", sagte Jürgen Ahlert von der Molkerei- und Warengenossenschaft Ochtrup.
"Bekommen Futter nicht mehr aus dem Silo"
Insbesondere die Milchviehbetriebe seien stark betroffen. "Alle haben versucht, sich Notstromaggregate zu besorgen. Die vorhandenen Geräte werden jetzt reihum eingesetzt, um wenigstens Melken zu können." Vielfach sei aber auch die Fütterung durch den anhaltenden Stromausfall nicht mehr möglich. "Wir bekommen das Futter in den automatischen Fütterungsanlagen nicht mehr aus dem Silo raus", sagte Ahlert.
Auch mehrere Industriebetriebe in der Region waren am Montag noch ohne Strom oder nur unzureichend versorgt. "Wir sitzen hier in der Kälte", berichtet Susanne Niehenker, die bei einem Damenmodehersteller in Ochtrup in der Buchhaltung arbeitet. "Produzieren können wir nicht, wir haben nur ein Notstromaggregat." Statt der rund 300 Mitarbeiter, die sonst bei der Firma arbeiten, sei nur eine Notbesetzung vor Ort. Wann sich die Stromversorgung normalisieren werde, sei völlig unklar: "Wir wissen von nichts."
"Wir haben Strom nur auf niedrigem Level", sagt ein Mitarbeiter der Firma O.E.T Kraft und Wärme. Der RWE-Konzern hatte bereits am Wochenende betont, er werde für die Folgen der Stromausfälle nicht aufkommen, da diese durch eine extreme Wetterlage und nicht durch sein Verschulden entstanden seien.