Seit den grausamen Attentaten am Freitag in Paris läuft die Fahndung nach den Hintermännern auf Hochtouren. In einem Interview mit dem französischen Radiosender RTL nannte Frankreichs Außenminister den 27-jährigen Belgier Abdelhamid Abaaoud nun den federführenden Koordinator der mörderischen Terror-Operation. Seinen Erkenntnissen nach wurden die Anschläge "von Syrien aus organisiert, erdacht und geplant".
Abaaoud ist für europäische Terrorfahnder längst kein unbeschriebenes Blatt. Seit längerem schon gilt er als der meistgesuchte Islamist seines Heimatlandes. Valls bezeichnete ihn gar als einen der "aktivsten Henker des IS in Syrien".
Die Tageszeitung "De Standaard" berichtet unter Berufung auf belgische Sicherheitsdienste, dass mindestens einer, wenn nicht zwei der Selbstmordattentäter von Paris enge Freunde von Abaaoud gewesen seien. Abaaoud soll ihnen dementsprechend auch Instruktionen zur Ausführung ihrer perfiden Tat mit auf den Weg gegeben haben.
Werbetrommler für den IS
Demnach wuchs der bekennende Dschihadist mit marokkanischen Wurzeln als eines von sechs Kindern im Brüsseler Stadtteil Molenbeek auf. Das Viertel steht im Ruf, eine Hochburg islamischer Hassprediger zu sein.
Auf den Straßen und in den Moscheen des berüchtigten Vororts der Metropole soll sich Abaaoud in den Folgejahren schleichend in seinem Glauben radikalisiert haben, auch wenn er Aussagen seiner Schwester zufolge in jüngeren Jahren noch kein großes Interesse an Religion besessen haben soll.
Im Zeitraum zwischen Ende 2013 und Jahresbeginn 2014 habe sich Abaaoud dann auf den Weg nach Syrien gemacht haben, um als einer der ersten Belgier überhaupt für den Islamischen Staat zu kämpfen, heißt es. Im Kreise der islamistischen Terror-Miliz firmiert er wahlweise unter den Kampfnamen Abu Umar Sussi oder auch Abu Umar Al-Baljiki, was übersetzt "der Belgier" heißt. In der Folgezeit war sein Gesicht mehrfach in Propaganda-Videos des IS zu sehen, in denen er unter anderem gut gelaunt hinter dem Lenkrad eines Geländewagens gezeigt wird, der verstümmelte Leichname von "Ungläubigen" hinter sich herzieht.
Fortan schreckte Abaaoud auch nicht mehr davor zurück, selbst eigene Familienmitglieder als neue IS-Mitglieder zu rekrutieren. So soll er im Laufe des Jahres 2014 seinen damals erst 13 Jahre alten Bruder Younes davon überzeugt haben, als einer der jüngsten IS-Kämpfer überhaupt zu den Waffen zu greifen.
Bereits länger im Visier der Justiz
In der jüngeren Vergangenheit fiel der Name Abaaouds im Rahmen der Ermittlungen zum "Charlie Hebdo"-Attentat dann häufiger. Im belgischen Verviers waren kurz darauf Sicherheitskräfte im Begriff, Abaadouds terroristischem Treiben ein Ende zu bereiten. Belgische und französische Spezialtruppen hatten den Rückzugsort von ihm und zwei weiteren Dschihadisten gestürmt. Nur weil sich Abaaoud zu diesem Zeitpunkt zufällig nicht im Unterschlupf aufgehalten hatte, konnte er seine Terrorpläne weiter verfolgen. Seine zwei islamistischen Mitstreiter kamen während des Schusswechsels mit der Polizei ums Leben.
Die belgische Polizei leitete seinerzeit angesichts des akuten Terror-Verdachts ein Strafverfahren gegen ihn ein. Weil es als erwiesen galt, dass Abaaoud als Anwerber von Nachwuchskräften für den IS tätig war, wurde er im Juli dieses Jahres sogar von einem belgischen Gericht in Abwesenheit zu 20 Jahren Haft verurteilt.
Im Januar hatte sich sein Vater, Omar Abaaoud, noch erschüttert vom Verhalten seines Sohnes gezeigt. "Abdelhamid hat Schande über unsere Familie gebracht", sagte er der belgischen Boulevardzeitung "La Dernière Heure". "Unsere Familie schuldet diesem Land alles", zitierte ihn das Blatt damals.
Die Familie Abaaouds wurde dann im Herbst 2014 telefonisch aus Syrien darüber informiert, dass ihr Sohn Abdelhamid als Märtyrer im Kampf gestorben sei. Bereits kurze Zeit später stellte sich allerdings heraus, dass dieser Anruf lediglich der Versuch war, Abaaoud aus dem Fadenkreuz westlicher Geheimdienste zu nehmen, um ungestört wieder nach Europa einreisen zu können.