Der Sitz des Vollkommnen (Siddhasana): Die Kraft der Meditation
Vor langer Zeit fragten sich die Priester auf der Erde: "Welchen der Götter sollen wir als Ersten anbeten?" Sie trugen ihre Frage zum Gott Siva, der das Anliegen mit seiner Gemahlin Parvati, der weise Erdgöttin, besprach. "Sicherlich sollte es einer von unseren beiden Söhnen, Karttikeya oder Ganesa, sein", fand Parvati. "Aber wie werden wir bestimmten, welcher von ihnen würdiger ist?", fragte Siva. Seine Frau schlug ein Wettrennen um die Erde vor. Die Söhne machten sich für das Rennen bereit. Sobald Siva das Startsignal gegeben hatte, war Karttikeya, der Kommandant der himmlischen Armee, im Handumdrehen über den Horizont verschwunden. Ganesa, der Herr der Weisheit, fühlte sich mit seinem runden Bauch nicht konkurrenzfähig, wusste aber, dass er seine Pflicht erfüllen musste. Er schaute hinüber zu Siva und Parvati und umrundete die beiden drei Mal, bevor er sich in einem meditativen Sitz niederließ. Kurz darauf kehrte Karttikeya zurück, in Erwartung seines verdienten Lohns. Doch zuvor wollte Siva von dessen Bruder wissen: "Ganesa, wieso bist du nicht mit deinem Bruder um die Wette gerannt?" Er habe es ohnehin nicht mit seinem Bruder aufnehmen können, sagte Ganesa und erklärte: "Ich beschloss, euch beide zu umkreisen. Bei meiner ersten Umrundung wurde ich von der mächtigen Präsenz unserer Mutter eingenommen, deren göttliches Spiel die Welt um uns erschafft. Sie ist die Energie, auf der unsere Existenz beruht. Bei der zweiten Runde habe ich gesehen, dass du, Vater, das göttliche Bewusstsein hinter allen Dingen bist. Bei meiner dritten und letzten Umrundung sah ich in das Mysterium eurer göttlichen Vereinigung, in der es keinen Unterschied mehr zwischen allen Wesen dieser Welt gibt." Die Eltern wollten Karttikeya nun seinen Titel verleihen, doch dieser entgegnete: "Es ist Ganesa, der gewonnen hat. Denn während ich den vergänglichen Globus umkreiste, umschloss er die unvergängliche Wahrheit, die in uns allen ist." Siva strahle vor Stolz und wendete sich an Ganesa: "Von diesem Tag an sollst du der Erste unter den Göttern sein." Ein Gott, der die Menschen stets daran erinnern soll, in Ruhe innezuhalten und zu reflektieren, bevor sie sich kopfüber ins Handeln stürzen.
© Devika Menon