Die Bundeskanzlerin wirkte gut gelaunt, als sie an der Seite von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auf ihr erstes Telefonat ins Weltall wartete. Auch ihr Gastgeber Koch war trotz sengender Hitze sichtlich gut aufgelegt, konnte er Angela Merkel (CDU) mit dem Europäischen Raumfahrtkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt doch ein Glanzlicht der Forschungseinrichtungen in Hessen vorführen - und mit dem deutschen Astronauten Thomas Reiter einen gebürtigen Hessen aus Neu Isenburg bei Frankfurt. Als die Verbindung mit der internationalen Raumstation ISS nicht sofort klappte, bot er den Wissenschaftlern schelmisch sein Handy an.
Merkel grüßt auf Russisch
Kurz darauf stand die Leitung ins Weltall, und Merkel begann das Telefonat überraschend nicht auf Deutsch, sondern auf Russisch. Ihr Gruß galt dem russischen Kommandanten der ISS, Pawel Winogradow. Später sagte die Kanzlerin: "Dieser Besuch zeigt abermals, dass ehrgeizige Weltraumprogramme nicht von einem Land allein durchgeführt werden können." Internationale Kooperation sei hierbei nicht nur unabdingbar, sondern auch sehr schön. Daher werde Deutschland ein beständiger und verlässlicher Partner im Europäischen Weltraumprogramm bleiben.
Die promovierte Physikerin Merkel interessierte sich aber keineswegs nur für die Experimente an Bord der Raumstation. Auch über den Alltag in der Schwerelosigkeit informierte sie sich. "Wie klappt es mit dem Schlafen?", fragte sie Reiter, der seit dem 6. Juli als erster Deutscher an Bord der ISS arbeitet. "Wunderbar", antwortete Reiter und fügte gleich die Unterschiede zur Nachtruhe auf der Erde hinzu: "Es ist ein tolles Gefühl. Man kann ja nicht in dem Sinne auf dem Rücken oder auf der Seite oder auf dem Bauch liegen. Man wird einfach so von dem Schlafsack festgehalten." Ab und zu sehe man optische Strahlung. "Wenn man Probleme hat einzuschlafen, kann man statt Schäfchen zu zählen diese Lichtblitze zählen."
Plauderei übers Wetter
Der 48-jährige Astronaut, der von September 1995 bis Februar 1996 bereits 179 Tage an Bord der russischen Raumstation "Mir" Weltallerfahrungen sammelte, ist ein bekannter Hobby-Gitarrist. An den ersten 14 Tagen seiner sechs Monate auf der ISS habe er aber leider wenig Zeit für sein Hobby gehabt, gestand er der Kanzlerin. "Ich habe aber immerhin schon die Gitarre gestimmt. Eine Saite war gerissen, die habe ich schon ersetzt." Ansonsten sei die Zeit knapp gewesen, denn er habe sich an Bord in der zwischen dem europäischen Astrolab-Labor und dem russischen Segment fast 60 Meter langen Raumstation erst einmal häuslich einrichten und mit der Technik an Bord zurecht finden müssen.
Merkel beendete das Telefonat nicht, ohne dem in 400 Kilometer Höhe über der Erde kreisenden Astronauten vom "unglaublich warmen Wetter bei uns" zu berichten. Für Reiter und seine beiden Kollegen auf der ISS sei das Sommerwetter ein Geschenk, sagte der Astronaut. "Es ist eine tolle Gelegenheit, Bilder von Deutschland zu machen. Ich hatte in den vergangenen Tagen bereits die Gelegenheit, Bilder von Frankfurt und Umgebung und natürlich von meiner Geburtsstadt Neu Isenburg zu machen."