US-Space-Shuttle Atlantis Der Lastesel fliegt in den Ruhestand

Ein letztes Mal muss die Raumfähre Atlantis noch der Extrembelastung standhalten, die ein Weltraumflug mit sich bringt: Gelingt der für heute geplante Start, darf sie nach voraussichtlich zwölf Tagen im All endlich in den verdienten Ruhestand. Es ist der Anfang vom Ende des Shuttle-Programms.

An diesem Freitag startet die US-Raumfähre Atlantis vom Weltraumbahnhof in Cape Canaveral (Florida) zu ihrem finalen Einsatz im All. Der Orbiter soll nach Angaben der Raumfahrtbehörde Nasa um 20.20 Mitteleuropäische Sommerzeit (14.20 Uhr Ortszeit) zur Internationalen Raumstation ISS abheben und zwölf Tage im All bleiben. Der Start heute ist der der Anfang vom Ende des Space-Shuttle-Programms und auf längere Sicht von der bemannten Raumfahrt in den USA. Danach sind nur noch zwei weitere Shuttle-Starts geplant, der letzte voraussichtlich im November.

Allerdings wird man bei der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa vorerst nicht viel Zeit zum Trauern haben. Bis zum geplanten Ende der Shuttle-Ära im November gilt es noch wichtige Fracht zur ISS zu schaffen. Die Mission STS-124 der Atlantis werde sein wie jede andere auch, meint Nasa-Kommandant Ken Ham, der der letzte Chef einer Atlantis-Crew ist. Jeder Shuttle-Flug sei wichtig, sagte er ganz unsentimental vor dem Start. Um dann doch ein wenig Rührung zu zeigen: "Diese unglaubliche Maschine hat so viel für die Menschheit geleistet, dass ich nicht weiß, wie ich es beschreiben soll."

Raumfahrtgeschichte geschrieben

Die Atlantis, in der Nasa-Sprache heißt sie nüchtern OV-104, hat tatsächlich mehrfach Raumfahrtgeschichte geschrieben, nachdem sie die Raumflotte der Nasa im April 1985 komplettierte. Schon der Jungfernflug des Shuttles am 3. Oktober 1985 war ein sagenumwobener Spezialauftrag der US-Regierung. Er sollte, so ist es überliefert, heimlich zwei Kommunikationssatelliten in die Erdumlaufbahn befördern. Die sonst so auskunftsfreudige Nasa verhängte über den Premierenflug eine Nachrichtensperre, um den Erzfeind Sowjetunion im Dunkeln zu lassen.

Die Ironie der Geschichte wollte es, dass ausgerechnet die Atlantis später auserkoren wurde, ein entscheidendes Bindeglied der russisch-amerikanischen Zusammenarbeit im Weltraum zu werden. Als erste US-Raumfähre dockte sie 1995 an der russischen Raumstation Mir an, sechs weitere Male besuchte sie den ehemaligen Gegner im All. Zehn Ausflüge hat sie zur ISS unternommen - die letzte Mission noch nicht einbezogen.

"Columbus" zur ISS gebracht

Atlantis war 1989 auch der erste Shuttle, der Raumsonden ins All transportierte. Sie schickte Magellan und Galileo auf ihre Reisen zur Venus und zum Jupiter, von wo sie bedeutende Bildaufnahmen und Kartierungen lieferten. Ebenso aufsehenerregend war, wie Atlantis- Astronauten im vergangenen Jahr das Weltraumteleskop "Hubble" reparierten. Und auch die deutsche Raumfahrt hat Bekanntschaft mit der Atlantis gemacht. Der Transporter hievte 2008 das maßgeblich in Bremen entwickelte europäische Weltraumlabor "Columbus" mit dem Astronauten Hans Schlegel an Bord zur ISS.

Unter ihren beiden noch aktiven Geschwistern Discovery und Endeavour gilt die Atlantis als echter Lastesel. Sie ist gut 37 Meter lang und hat an ihrer breitesten Stelle einen Umfang von fast 24 Metern. Das maximale Startgewicht: mehr als 100 Tonnen, ein Viertel davon Fracht. Allerdings ist sie nicht so ausdauernd wie die anderen Shuttles. Ihr fehlt ein Anschlusskabel für die Solarstromanlage der ISS. Nachtanken ausgeschlossen, nach zwei Wochen muss sie zur Erde.

Noch nicht aufs Abstellgleis

Der Shuttle ist wie die anderen Transporter der US-Raumfahrt nach einem Schiff benannt, das Pionierarbeit geleistet hat: Jener Zweimaster Atlantis, mit dem die USA erstmals die Ozeane erforschten. Mit dem Erkunden ist nun - zwei Jahre später als eigentlich geplant - jedoch Schluss. Schon 2008 sollte der Orbiter auf seine letzte Reise gehen, hatte laut Nasa sein "Haltbarkeitsdatum" längst überschritten. Doch wegen des absehbaren Endes des Shuttle-Programms ließ die Raumfahrtbehörde die Atlantis einfach weiter fliegen. Unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen beim Start und immer ein bisschen mit der Angst, dass sich eine Challenger- oder Columbia-Katastrophe wiederholen könnte.

Am 26. Mai, dem voraussichtlichen Datum ihrer Rückkehr zur Erde, kommt die Atlantis aber nicht direkt aufs Abstellgleis. Bis zum allerletzten Flug im Shuttle-Programm im November bleibt sie im Dienst. Als Ersatzflieger, der ausrücken müsste, falls die Crew eines anderen Shuttles im Weltall Probleme bekommt.

DPA
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