"Die Ahnen der Saurier" Schnappschüsse aus der Urzeit

Riesige Tausendfüßler, die ersten Fische, Urzeitkrokodile - für "Die Ahnen der Saurier" hat die BBC rekonstruiert, wie die Tiere vor 500 Millionen Jahren ausgesehen haben. stern.de sprach mit dem Macher der Doku über ausgestorbene und künftige Tiere.

In den "Ahnen der Saurier" geht es um das Leben auf der Erde, bevor die Dinos kamen. Woher wissen Sie, wie genau das ausgesehen hat?

Für die gesamte Trilogie haben wir sämtliche wissenschaftliche Informationen benutzt, die es momentan gibt. Unser Ziel war ja, die Tiere mit Hilfe neuester Technologie so echt wie möglich erscheinen zu lassen. Alles sollte so genau wie möglich animiert werden: die Art und Weise, wie die Tiere gehandelt oder sich bewegt haben.

Das Paläozoikum

Die Dokumentation hat ein ehrgeiziges Ziel: mal eben 300 Millionen Jahre auf neunzig Minuten zusammenzufassen. Die "Ahnen der Saurier" beschreibt die Zeit vor der Ära der Dinosaurier, auch Paläozoikum genannt. Dieses Erdzeitalter von rund 550 bis 250 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung spielte sich auf nur einem Kontinent ab: Gondwana, der erst später in unsere heutigen Kontinente zerfiel.

Schauplatz der Evolution war lange Zeit nur der Ozean gewesen. Während des Paläozoikums eroberten Pflanzen und Tiere auch das Land. Eine regelrechte "Invasion" fand vor rund 400 Millionen Jahren statt. Die ersten tierischen Kolonisten waren Amphibien und Insekten. Auch die Lüfte wurden zuerst von den Insekten erobert: Riesige Libellen hatten das Monopol am Himmel.

Im letzten Drittel des Paläozoikums übernahmen langsam die Reptilien die Herrschaft zu Lande und stellten die größten Arten. Sie waren die Ahnen der Dinosaurier.

Während dieser 300 Millionen Jahre gab es drei Massensterben, das schlimmste gegen Ende des Paläozoikums. Bis zu 90 Prozent aller damals existierenden Arten wurden dabei ausgelöscht.

In Zukunft allerdings wollen wir fiktionaler werden. Dann können wir unseren Kreaturen zum Beispiel böse Augenbrauen verpassen oder so etwas in der Art. Bei den "Ahnen" haben wir uns nur an das gehalten, was wir wissen oder zu wissen glauben.

Im Grunde sagen Sie also: "So könnte es gewesen sein"?

Ja. Auch Paläontologen wissen nicht genau, wie die Tiere damals ausgesehen oder sich bewegt haben. Dazu müssten solche Tiere lebend gefunden werden, was natürlich nie passieren wird. Aber genau das ist das Schöne an der Paläontologie: Es ist ein intellektuelles Spiel. Man hat hunderte teilweise bruchstückhafte Fossilien, die man interpretieren muss.

Und die, die interpretieren, sind vermutlich nicht immer einer Meinung?

Natürlich nicht. Und selbst wenn - die Erkenntnisse auf dem Gebiet ändern sich ständig. So wurde jahrzehntelang vermutet, der Flugsaurier Pterosauria habe zwei Füße, bis man in Frankreich seine Fußspuren gefunden hat und feststellen musste: Er hatte in Wirklichkeit vier.

Das heißt, auch Ihre Filme könnten irgendwann überholt sein?

Wir können uns nur an dem aktuellen Stand der Wissenschaft orientieren und machen im Grunde Schnappschüsse. Aber wir wissen: Diese Annahmen sind zurzeit die Besten. Letztlich bauen wir darauf, dass uns das Publikum vertraut.

Gilt das auch für solche Details wie die Struktur der Haut und ihrer Farbe?

Mit der Hautstruktur haben wir selten Probleme, weil davon viele Abdrücke erhalten sind. Bei den Farben sieht das schon anders aus. Aber wir kennen die Funktion der Farben bei Tieren. Sie nutzen sie zum Beispiel zum gegenseitigen Erkennen oder zur Tarnung - nach diesen bekannten Prinzipien arbeiten auch wir. Interessant dabei, wie sich die Darstellung von Sauriern verändert hat: Vor 40 Jahren waren Dinos entweder braun oder dunkelgrün, nach dem Motto: 'Wir kennen deren Farben nicht, also geben wir ihnen am besten auch keine.'

Auch da hat sich inzwischen die Meinung geändert?

Mittlerweile geht die Wissenschaft davon aus, dass Dinosaurier sehr wohl bunt gewesen sein könnten. 70 Prozent der Säugetiere zum Beispiel sind farbenblind. Deswegen sind Elefanten grau, Farben spielen bei Ihnen keine Rolle. Bei Vögeln und Reptilien dagegen geht es ziemlich bunt zu. Und sie sind eng mit den Sauriern verwandt.

Was war schwieriger zum Leben zu erwecken: die Saurier oder ihre "Ahnen"?

Naja, beide haben uns Probleme bereitet. Aber wir waren schon überrascht, wie kniffelig teilweise die Animation der "Ahnen" war. Es gibt bei uns einen Riesentausendfüßler, Arthropleura, rund dreieinhalb Meter lang. Eigentlich dachten wir, seine Bewegungen seien kein Problem, weil er ein relativ unflexibles Skelett hat. Aber die ganzen Füße zum Laufen zu bringen, so dass es real wirkt, das hat uns viel Mühe gekostet.

Sie haben nun drei Filme über die Vergangenheit gemacht. Reizt es Sie, auch mal Tiere aus der Zukunft zu erschaffen?

Oh ja, das würde ich liebend gerne tun. Das Problem dabei ist nur, dass sie auf Spekulationen über Spekulationen beruhen würden. Bei den ausgestorbenen Tieren haben wir immerhin Fossilien, auf die wir uns berufen können. Für künftige Tiere haben wir nur wenige Anhaltspunkte.

Infos

Die "Ahnen der Saurier - im Reich der Urzeitmonster" (2. Februar, 20.15 Uhr, Prosieben) ist - nach "Dinosaurier - Im Reich der Giganten" und "Die Erben der Saurier - Im Reich der Urzeit"- der dritte Teil der BBC-Urzeit-Dokumentationen. Für die gesamte Reihe brauchte die Produktionsfirma "Impossible Pictures" fast zehn Jahre, die Kosten betrugen mehr als 20 Millionen Euro.
Die in den "Ahnen" animierten Tiere aus der Zeit von vor 500 Millionen Jahren sind in reale Landschaften und Unterwasseraufnahmen eingebettet.
Als nächstes planen die Briten für den Herbst den fiktiven Film "Prehistoric Park". Darin versuchen Forscher Tiere vor dem Aussterben zu retten.

Aber zumindest einige Umstände lassen sich vorhersagen.

Ja, ungefähr können schon sagen, wie die Erde in Zukunft aussehen wird. Wo etwa die Kontinente liegen, wie das Klima wird. Wir können auch davon ausgehen, dass die Menschen aussterben werden, und was wir als Erbe der Natur hinterlassen werden. Aber was das für die Tierwelt bedeutet? Diese Szenarien will uns bislang niemand abkaufen.

Immerhin gibt es seriöse Wissenschaftler, die sich mit solchen Themen beschäftigen.

Ja, zum Beispiel der Geologe und Paläontologe Dougal Dixon hat darüber das Buch "Geschöpfe der Zukunft" geschrieben. Eine gute Arbeit. Was auch daran liegt, dass begonnen wurde Klimaszenarien für die Zukunft zu entwerfen, was für das künftige Leben natürlich sehr wichtig ist. Und uns übrigens schon heute nützt.

Interview: Niels Kruse

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