Gletscher unter anderem in Italien, den USA und Ostafrika werden bis zum Jahr 2050 "sehr wahrscheinlich" nicht mehr existieren. Das ist das Ergebnis einer Studie der UN-Kulturorganisation Unesco. Insgesamt ein Drittel der Gletscher in Unesco-Welterbe-Gebieten werde als Folge der Klimaerwärmung bis dahin geschmolzen sein, teilte die Organisation mit Sitz in Paris am Donnerstag mit. Das ewige Eis werde dort "verschwinden, unabhängig von den Anstrengungen, den Temperaturanstieg zu begrenzen."
Es sei aber noch möglich, die Gletscher in den restlichen zwei Dritteln der Welterbestätten zu bewahren, erklärte die Unesco. Dafür dürfe die Erderwärmung jedoch nicht auf mehr als 1,5 Grad über der vorindustriellen Zeit steigen. Expertinnen und Experten zufolge ist dieses 1,5-Grad-Ziel allerdings nur noch mit radikalem politischen Umsteuern möglich.
Unesco nennt Gletscher-Bericht "Aufforderung zum Handeln"
Laut Unesco beheimaten 50 Welterbestätten insgesamt 18.600 Gletscher. Diese seien zusammen etwa 66.000 Quadratkilometer groß und entsprächen etwa zehn Prozent der Gletscherfläche weltweit. Bereits jetzt verlören sie jährlich 58 Milliarden Tonnen Eis, heißt es in dem Bericht, was dem gemeinsamen jährlichen Wasserverbrauch Frankreichs und Spanien entspreche und für beinahe fünf Prozent des beobachteten Anstiegs des Meeresspiegels verantwortlich sei. Seit dem Jahr 2000 schmelzen die Gletscher demnach wegen hoher CO2-Emissionen schneller ab.
Für die Studie untersuchte die Unesco in Zusammenarbeit mit dem internationalen Umweltschutz-Dachverband International Union for Conservation of Nature (IUCN) alle 50 Welterbestätten. Höchstwahrscheinlich zum Schmelzen verdammt sind demnach unter anderem die Gletscher im Yellowstone-Nationalpark in den USA und auf dem höchsten Berg Afrikas, dem Kilimandscharo. In Europa werden demnach sehr wahrscheinlich einige Gletscher in den Pyrenäen und den Dolomiten in den kommenden drei Jahrzehnten verschwinden.
Der Bericht sei "eine Aufforderung zum Handeln", erklärte Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay vor dem Beginn der 27. UN-Klimakonferenz (COP27) am Montag im ägyptischen Scharm el-Scheich. Nur eine "rasche Senkung der CO2-Emissionen" könne Gletscher und die "außergewöhnliche Biodiversität" bewahren, die auf ihnen beruhe. Die COP27 spiele eine "zentrale Rolle" bei der Suche nach Lösungen für das Problem.

IUCN-Generaldirektor Bruno Oberle warnte: "Wenn Gletscher schnell schmelzen, sind Millionen Menschen mit Wasserknappheit und einem erhöhten Risiko für Naturkatastrophen wie Überschwemmungen konfrontiert, Millionen weitere Menschen könnten durch den folgenden Anstieg des Meeresspiegels vertrieben werden."
Laut Unesco-Mitteilung hängt die Hälfte der Menschheit direkt oder indirekt von Gletscherwasser ab. Demnach stellen Gletscherökosysteme aufgrund ihrer hohen biologischen Vielfalt und ihrer Ökosystemleistungen lebenswichtige Ressourcen für einen großen Teil der Weltbevölkerung bereit. Zu den Vorteilen gehörten Süßwasser für den Hausgebrauch, die Landwirtschaft, die Industrie und die Wasserkraft sowie die Klimaregulierung.
In der Fotostrecke oben sehen Sie, welche Welterbe-Gletscher laut Unesco in den nächsten 28 Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit von der Erde verschwinden werden.
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mit DPA