Zwischen Fakt und Fiktion Wie soziale Medien den Kampf gegen den Klimawandel beeinflussen

Ein Handybildschirm mit verschiedenen Apps wie WhatsApp, Instagram, Facebook und Snapchat
Soziale Netzwerke verfügen über großen Einfluss auf ihre Nutzer (Symbolbild)
© Yui Mok / DPA
In sozialen Netzwerken kann jeder frei seine Meinungen und Informationen publizieren – ob faktisch richtig oder nicht. Diese unkontrollierte Verbreitung eventueller Falschinformationen kann erheblichen Einfluss auf den Kampf gegen den Klimawandel haben.

Der Klimawandel stellt eine der gewaltigsten Herausforderungen dar, vor denen die Menschheit jemals gestanden hat. Der allumfassende Einfluss des Menschen auf den Planeten ist dabei unübersehbar: Es gibt auf der Erde keinen Ort mehr, der noch nicht von Menschenhand berührt wurde. Drei Viertel aller eisfreien Flächen wurden vom Menschen verändert. Alle acht Tage wird eine Fläche bebaut, die der Größe der Stadt New York entspricht. Alle Menschen plus jene Tiere, die von ihnen mit Nahrung versorgt werden, machen mittlerweile 96 Prozent des Gesamtgewichts aller Säugetiere auf dem Planeten aus – nur vier Prozent stammen von frei lebenden Wildtieren. 

Diese Ergebnisse  sind Teil eines Berichts von Wissenschaftlern und Analytikern mit dem Titel "Our Future in the Anthropocene Biosphere: Global sustainability and resilient societies" (auf Deutsch: Unsere Zukunft in der Anthropozän-Biosphäre: Globale Nachhaltigkeit und widerstandsfähige Gesellschaften). Doch der Bericht thematisiert nicht nur die Folgen des menschlichen Handels, sondern auch einen weiteren, auf den ersten Blick unerwarteten Einflussfaktor, der den Kampf gegen den Klimawandel maßgeblich mitbestimmen kann: die sozialen Medien.

Fakten oder Fiktion?

In sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder Twitter werden täglich unzählige Informationen verbreitet: wahre wie falsche. Diese beiden Gattungen von Informationen voneinander zu unterscheiden, ist teilweise gar nicht so einfach und führt nicht selten dazu, dass ein Nutzer Falschinformationen auf den Leim geht – auch beim Thema Klimawandel. Dass faktisch falsche Informationen und Meinungen in diesem Kontext zu einer wahren Bedrohung im Kampf gegen die Erderwärmung und den Verlust von Artenvielfalt führen können, davor warnen die Autoren des Berichts. 

"Social-Media-Berichte haben ein toxisches Umfeld geschaffen, in dem es jetzt sehr schwierig ist, Fakten von Fiktion zu unterscheiden", sagt Owen Gaffney vom Stockholm Resilience Centre und einer der Autoren dem britischen "The Guardian". "Eine der größten Herausforderungen, vor denen die Menschheit jetzt steht, ist unsere Unfähigkeit, Fakten von Fiktion zu unterscheiden. Dies untergräbt die Demokratien, was wiederum unsere Fähigkeit einschränkt, langfristige Entscheidungen zu treffen, die zur Rettung des Planeten notwendig sind." Erforderliche Maßnahmen, um einen zukunftsfähigen Planeten zu schaffen, könnten schwerer durch- und umzusetzen sein, wenn sie weiterhin in sozialen Medien gezielten Angriffen ausgesetzt würden. Auch die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den Erderwärmung und den Verlust von Artenvielfalt könne durch die Verbreitung von Falschinformationen auf diesen Plattformen gefährdet werden. 

Soziale Medien als Katalysator

Soziale Netzwerke nun von vornherein als Klima-Killer zu verteufeln, sei jedoch nicht der richtige Ansatz, erklären die Wissenschaftler. Denn: Sie haben nicht nur Potenzial zur Verbreitung von Falschinformationen, sondern können auch Impulse in Richtung Klima- und Artenschutz geben. Menschen können sich in sozialen Medien vernetzen und zu sozialen Bewegungen zusammenschließen, nachhaltige Themen wie vegane Ernährung, "eat local" oder "Flugscham" finden ein großes Publikum.

Laut den Wissenschaftlern zeichne sich daher mittlerweile ein Bild ab, in dem soziale Netzwerke als globale Katalysatoren für sozialen Wandel auftreten. Welche Richtung dieser Wandel jedoch einschlagen wird, das gelte es abzuwarten – wobei der User Falschinformationen zukünftig womöglich nicht mehr ungeschützt gegenüberstehen könnte: Die Wissenschaftler setzen ihre Hoffnungen im Kampf gegen falsche Fakten auf Kennzeichnungen, Faktenchecker, eine verschärfte Gesetzgebung und eine trainierte Fähigkeit der User, selbst Falschinformationen zu erkennen.

Erster Nobelpreis-Gipfel

Bald wird der Bericht der Wissenschaftler auf großer, virtueller Bühne diskutiert: Unter dem Motto "Our Planet, our Future" (auf Deutsch: Unser Planet, unsere Zukunft) werden Ende April ehemalige Preisträger wie Al Gore, Wissenschaftler, Politiker, Wirtschaftsführende, Jugendvertreter und besondere Gäste wie der Dalai Lama auf dem ersten Nobelpreis-Gipfel zusammenkommen und darüber sprechen, wie noch in diesem Jahrzehnt eine nachhaltigere Zukunft erreicht werden kann.

Der Bericht dient als Hintergrundpapier für den Gipfel und wurde von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht. Daher soll auch das veränderte Informationsökosystem Ende April thematisiert werden sowie Strategien, wie Gesellschaften es gelingen kann, womit sich zahlreicher Nutzer von sozialen Medien täglich konfrontiert sehen: die Unterscheidung zwischen Fakt und Fiktion.

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