Großbritanniens Abgeordnete haben für eine grundlegende Reform des britischen Oberhauses gestimmt. Überraschend sprach sich die Mehrheit der Abgeordneten dafür aus, dass mehr als 80 Prozent oder gar alle Mitglieder des "House of Lords" künftig gewählt statt ernannt werden sollen.
Ansprüche auf einen Platz in der Parlamentskammer durch adelige Geburt sollen abgeschafft werden. Die Vertreter des Unterhauses brachten damit unerwartet Bewegung in einen seit Jahren festgefahrenen Streit über die Zukunft der traditionsreichen britischen Parlamentskammer.
Historische Veränderungen seit 500 Jahren
Vorschläge, nur einen geringeren Teil der "Lords" künftig zu wählen, wurden abgelehnt. Sollte die Empfehlung der Unterhaus-Abgeordneten umgesetzt werden, stünde das 500 Jahre alte Oberhaus vor historischen Veränderungen. Allerdings ist das Votum des Unterhauses für die Regierung nicht bindend. Sie muss nun entscheiden, ob sie der Empfehlung folgt.
Kabinettsminister Jack Straw sprach von einem "sehr positiven Abstimmungsergebnis für eine fundamentale Reform". Oppositionsmitglied Menzies Campbell sprach von einer "wahrhaft historischen Gelegenheit". Campbell sagte: "Nach nahezu 100 Jahren hat das Abgeordnetenhaus schließlich den bedeutenden Schritt hin zu einer Reform des Oberhauses getan, um es fit zu machen für eine moderne Demokratie".
Kaninchenfellbesatz bei bestimmten Zeremonien
Bislang werden die "Lords" von politischen Parteien nominiert oder von einem Komitee ernannt. In der Parlamentskammer sitzen unter anderem Adelige und Bischöfe. Bekannt sind sie auch für die auffälligen roten und weißen Roben mit Kaninchenfellbesatz, die sie zu bestimmten Zeremonien anlegen.