Die Bundesregierung, die EU und die USA verurteilten die Entscheidung scharf und forderten umgehend Lius Freilassung. "Das Urteil wurde bestätigt", sagte Lius Anwalt Shang Baojun der Nachrichtenagentur AFP nach der kurzen Anhörung am Donnerstag. Lius Frau Liu Xia zeigte sich wenig überrascht. "Darauf hatte ich mich schon vorbereitet", sagte sie. Ihren Mann durfte sie nach eigenen Angaben kurz nach der Anhörung im Gefängnis besuchen. Es gehe ihm gut, über den Fall habe sie aber nicht mit ihm gesprochen.
Liu ist ein Mitverfasser der Charta 08, eines Manifests, das tiefgreifende politische Reformen in China fordert. Er hatte bereits wegen seiner Beteiligung an den Protesten auf dem Tiananmen-Platz 1989 im Gefängnis gesessen. Der Vorwurf der "Untergrabung der Staatsgewalt" wird häufig gegen chinesische Bürger erhoben, die Kritik an der regierenden Kommunistischen Partei üben. Im Falle Lius gründete er sich auch auf mehrere Artikel, die er im Internet veröffentlicht hatte.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), kritisierte die Entscheidung und bezeichnete sie als "politisches Urteil". Chinas Führung habe "leider ein weiteres Mal gezeigt", dass sie nicht bereit sei, fundamentale Menschenrechte zu respektieren, hieß es in einer vom Auswärtigen Amt verbreiteten Erklärung. Das Urteil zeige auch, dass die Regierung Angst "vor dem eigenen Volk" habe.
Das chinesische Außenministerium behauptete, in China gebe es "keine Dissidenten". "Sie können selbst darüber urteilen, ob es solch eine Gruppe in China gibt", sagte Ministeriumssprecher Ma Zhaoxu auf einer Pressekonferenz, wo er nach der Gerichtsentscheidung befragt wurde. "Doch ich glaube, diese Bezeichnung ist hier fragwürdig."
Der US-Botschafter in Peking, Jon Huntsman, äußerte sich "enttäuscht" über die Bestätigung des Urteils. "Die Verfolgung Einzelner wegen ihrer friedlichen politischen Meinungsäußerung widerspricht international anerkannten Maßstäben der Menschenrechte", hieß es in einer Erklärung. Der EU-Vertreter Simon Sharpe sagte vor dem Gerichtsgebäude, die EU fordere Lius Freilassung. Peking solle auch "die Schikane und die Inhaftierung anderer Unterzeichner der Charta 08 beenden". Das britische Außenministerium zeigte sich "sehr enttäuscht" über das Urteil. Die freie Meinungsäußerung werde in China nicht respektiert.