Abschluss des G20-Gipfels Inhaltsschwach und doch unentbehrlich

Am Ende des G20-Gipfels im mexikanischen Los Cabos standen kein neuer Beschluss, keine greifbaren Ergebnisse. Und doch: Das informelle Treffen der führenden Volkswirtschaften der Welt bleibt unverzichtbar.

Dass der G20-Gipfel im mexikanischen Urlaubsresort Los Cabos kein Gipfel der historischen Weichenstellungen sein wird, das war von Vornherein allen Beteiligten klar. "Eine verlorenes Jahr für die G20", "der schwächste G20-Gipfel aller Zeiten" - so und so ähnlich lauteten Einschätzungen von Leuten, die selbst seit Jahren Teil dieser "Gipfelprozesse" sind. Die Bewertungen kamen, noch bevor die Staats- und Regierungschefs der führenden Schwellen- und Industrieländer inklusive Bundeskanzlerin Angela Merkel überhaupt ins Flugzeug gestiegen waren.

Am Ende muss das Urteil über den siebten G20-Gipfel wohl weit milder ausfallen. Brillante, neue Initiativen, spektakuläre, gar historische Ergebnisse sind nicht zu vermelden. Stillstand, könnte der Kritiker analysieren. Und dennoch: Es ist viel geredet worden unter den mächtigsten Politikern dieser Welt in Los Cabos, und zwar miteinander, ganz persönlich. Manchmal, wo das Verständnis füreinander verloren zu gehen scheint, ist das schon ein Wert an sich.

So fällt Angela Merkels Urteil - und nicht nur Ihres - letztlich positiv aus. "Diese G20-Gipfel sind deshalb so wichtig, weil sie uns vor Augen führen, wieweit wir in einer Welt von gegenseitigen Abhängigkeiten leben." Am Ende wertet die Kanzlerin dann auch noch ganz ohne Ironie: "Ich glaube, dass dies ein wichtiger Gipfel war." Und auch die vielen Kritiker der Gipfelmania räumen ein: "Diese Gipfel sind bei all ihren Mängeln wohl doch unverzichtbar". Wo sonst können die wichtigsten Akteure schon mal ungezwungen aufeinander zugehen, etwa bei einem Pausen-Kaffee, informell, ganz ohne Mitarbeiter, ein paar vielleicht vertrauliche Sätze austauschen.

Am Anfang stand eine Kaminrunde

Genau dieses Konzept stand am Beginn dieser G-Gruppen, die Mitte der 70er Jahre der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt und Frankreichs Staatspräsident Valerie Giscard d'Estaing aus der Taufe gehoben haben. Der Start war eine Kaminrunde, ein Gedankenaustausch weniger Staatenführer über zentrale Fragen der Weltwirtschaft, ohne Tagesordnung, sehr persönlich, informell und frei von allzu großen Zwängen. Es ging nicht um Beschlüsse, nicht um das aktuelle Tagesgeschäft, es gab nichts Bindendes.

Die heutigen G-Gruppenformate, die G8 der führenden Industrieländer und die G20, die inzwischen entscheidende Schaltstelle der dominierenden Industrie- und Schwellenländer für Fragen der Weltwirtschaft und der globalen Finanzpolitik, haben sicher viel von diesem Charakter verloren. Aber sie sind immer eines noch eines: informelle Diskussionszirkel, ohne Gesetzesvollmachten, ohne Beschlusskompetenz, letztlich ohne Verbindlichkeit. Der Hintergedanke bleibt: es geht um eine Diskussionsrunde von wichtigen Menschen die über wichtige globale Dinge und das möglichst ungezwungen reden können.

G-Gipfel als Informationsaustausch unter den Mächtigen

Das klingt klein, ist aber doch ein großes Projekt wenn man bedenkt, wie die Welt in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr zusammengewachsen ist und sich vernetzt hat. "Die Amerikaner, auch viele Angelsachsen, wissen doch oft überhaupt nicht, wie Europa funktioniert, weshalb manche Entscheidungen in Europa so lange dauern", klagen überzeugte Kern-Europäer oft, wenn sie wieder einmal von der Kritik aus Übersee und von den amerikanisch-angelsächsisch Märkten überzogen werden. Es sind genau die Formate der G8 oder auch der G20, über die solche Informationsdefizite zwischen den Mächtigen persönlich abgebaut und Missverständnisse ausgeräumt werden können.

Genau dem diente, wenn man den Berichten der Teilnehmer folgen kann, der G20-Gipfel in Los Cabos ganz besonders. US-Präsident Barack Obama beispielsweise nutzte alle Gelegenheiten, sich über die Lage in Europa im Klaren zu werden, im Gespräch mit Merkel und all den anderen vom alten Kontinent. "Die G20 hat keine Zähne", "die G20 kann keine Sachen erzwingen", "die G20 hat keine Armee" - all das kennzeichnet den Club der Mächtigen. Aber er kann eines: ein Forum sein, um den Boden für mehr gemeinsames Verständnis zu bereiten.

Reuters
fle/Reuters